Schon oft hatte ich das Gefühl beim Wandern mit Hund gestresst zu sein. Mehrfach fühlte ich mich unter Druck und irgendetwas passte mir nicht. Manches Mal fragte ich mich, wann sind wir endlich beim nächsten Highlight der Tour oder auch mit etwas Missmut, wann ist sie endlich vorbei? Seit einer Weile versuche ich, der Ursache für dieses Unwohlsein beim Wandern mit Hund auf die Schliche zu kommen. Nur nach und nach fand ich die einzelnen Puzzleteile.
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Was war nur los? Ich bin doch gerne draußen unterwegs. Ich liebe es, neue Ecken zu entdecken und Abenteuer mit meinem Hund zu erleben. Freue mich über tolle Aussichten, in vergangene Zeiten beim Begehen von Ruinen einzutauchen, mystische Wälder zu erkunden und wenn ich das Rauschen eines Wasserfalls höre. Warum also ist bei einigen unserer Wanderungen dieses blöde Gefühl dabei?
Immer wieder habe ich festgestellt, dass mir das Hetzen von A nach B zu viel ist. Zu Beginn meiner „Wanderkarriere“ war ich immer darauf bedacht, schnell vorwärtszukommen und viele Kilometer zu reißen. Ein Grund, warum ich meist nur ungern mit meinem Freund loszog, weil er am liebsten jede Bank mitnehmen möchte und im Schneckentempo unterwegs ist. Auch wenn ich mit ihm weniger Touren gemacht habe als nur mit meinem Hund Alex und/oder mit manch Freundin, hat er mich einmal indirekt gelehrt, dass es nicht nur darum geht, vorwärtszukommen (Den Artikel gibt es hier).
„In der Langsamkeit liegt eine höhere Erlebnisdichte.“
Auch mein Hund Alex bringt mich immer wieder dazu, innezuhalten und langsamer zu gehen. Seit er sich als leidenschaftlicher Hetzjäger entpuppt hat, läuft er mit Schleppleine durch die Wälder. Deshalb kommt es nicht selten vor, dass ich laufe und laufe und auf einmal von der Leine gebremst werde, weil Herr Hund noch seelenruhig schnüffelt. So habe ich manche schöne, spannende Naturschönheit erst entdeckt. Außerdem ist mir durch Alex Verhalten immer mehr bewusst geworden, dass es viel entspannender ist, wenn wir uns langsamer fortbewegen.
So habe ich laut „ja“ gesagt, als ich die Zeilen von Günter Wamser in dem Buch Der Abenteuerreiter las, dass das langsame Vorankommen wiederentdeckt wird. Er schreibt: „Durch die Langsamkeit erkennt man nicht nur großartige Landschaften, sondern sie ermöglicht auch den Blick auf die grandiosen Details. In der Langsamkeit liegt eine höhere Erlebnisdichte.“* Da konnte ich nur laut zustimmen. Manch Eidechse, wunderschöne Blume, deren Namen ich nicht kenne, Spuren von Wildschweinen oder des Borkenkäfers hätte ich nicht gesehen, wenn Alex mich nicht an die Langsamkeit erinnert hätte. Und noch zahlreiche schöne Highlights mehr.
Diese Höher-Schneller-Weiter-Mentalität ist mir schon seit langem ein Graus. Ganz viel sehen und erleben in möglichst wenig Zeit. Das stresst. Das setzt unter Druck. Das haben Kerstin alias Buddy schreibt und ich auch während unseres gemeinsamen Roadtrips gemerkt. Es klappt zwar nicht immer, aber mittlerweile bin ich gerne viel langsamer unterwegs. Wenn es mal schneller geht, dann ist es trotzdem nicht mehr so hastig wie zu Beginn unserer Wanderzeit. Trotzdem schien es nur ein Stück des Kuchens zu sein. Da war noch etwas anderes, was mir Unbehagen beim Wandern mit Hund bereitete.
Ich stellte bereits fest, dass ich es nicht so gerne mag, vorgegebenen Pfaden zu folgen. Immer zwischendurch checken zu müssen, ob man noch auf dem richtigen Weg ist oder doch die Abzweigung verpasst hat. Die ganze Zeit Markierungen zu suchen oder immer wieder auf die App zu schauen, stresst mich. Bei meiner Wanderapp kann ich zwar auch einstellen, dass eine Frauenstimme mir Bescheid gibt, wenn und wann ich, wo abbiegen muss, aber das nervt mich noch mehr. Schließlich unterbricht es die Gespräche oder stört die Ruhe. Zwar grübele ich auch gerne beim Wandern mit Hund, aber ich bin genauso gerne aufmerksam unterwegs. Wenn ich aber nach einer Markierung oder einem Schild Ausschau halten muss, ist das Druck, der dafür sorgt, dass mir andere Dinge entgehen.
Wie ich schon einmal geschrieben habe, sind es die kleinen Dinge, die zählen. Ich kann mich wahnsinnig an den vielen kleinen und auch großen wundersamen Schönheiten der Natur erfreuen: das gold-rote Leuchten der Bäume im Herbst, eine große prächtige Weinbergschnecke, die über den Waldweg schleicht, die kühle, modrige Luft und das Rascheln der Blätter oder das Plätschern eines Baches, der sich seinen Weg über die Steine bahnt.
Sich einfach treiben lassen
Klar, ich möchte beispielsweise die Aussicht auf das Schloss Mikulov genauso wenig missen wie das Rauschen des Wasserfalls in Hohwald oder das Verweilen in der Ruine Neu-Schellenberg. Diese besonderen Erlebnisse haben mein Hund und ich nur dank vorgegebener Wandertouren entdeckt. Trotzdem erfüllt es mich vielmehr, wenn ich einfach spontan losziehe und schaue, wohin es uns verschlägt. Die dichten Tannen, das hohe saftige Gras sehen spannend aus? Also biegen wir einfach mal links ab und folgen dem Weg, der scheinbar nicht sehr oft begangen wird.
Manchmal blickt auch Alex sehnsüchtig in eine Abzweigung und möchte nicht weitergehen. Geht klar: Ich habe Zeit eingeplant, also schauen wir einfach mal, wo wir landen und was es dort zu entdecken gibt. Sich treiben lassen und schauen, was kommt, das ist es, was mich begeistert: Sei es beim Wandern oder beim Reisen mit Hund. Wie viele tolle Regionen, Städte, sonstige Highlights und wie viele Kilometer wir gerissen haben, ist mir gleich.
Günter Wamser schreibt vor dem bereits zitierten Textauszug: „[…]nicht das Ankommen ist wichtig, sondern das Unterwegssein.“** Als ich die Worte lese, nehme ich diesen Teil des Absatzes gar nicht richtig wahr. Erst als ich zusätzlich den Artikel von Marcel Theroux über „Die Kunst des Flanierens“ lese, wird es mir erst bewusst. Er zitiert den Brauereimeister Baptiste Thiéry: „Flâner bedeutet wörtlich bummeln, aber es geht nicht darum, wohin man läuft, sondern darum, dass man es tut. Man hat kein Ziel.“*** Genau das ist es. Das ist das letzte Stück vom Kuchen. Das Puzzleteil, das mir fehlte, um mein Unbehagen bei manchen Touren zu erklären. Das ist das, was ich beim Wandern liebe: Das (spontane) Unterwegssein mit Hund ist das, was zählt!
*/** Der Abenteuerreiter – In 11 Jahren mit Hund und Pferden von Feuerland nach Mexiko von Günter Wamser erschienen im Eigenverlag, 2. Auflage Januar 2008, S. 331 (Affiliatelink)
*** Der Artikel ist in dem Magazin lonely planet erschienen, Ausgabe Okt/Nov 2019
2 Comments
Mein Mann ist auch jemand, der marschiert durch die Welt. Ich dagegen trödele gerne mal. Das beißt sich ab und an auf unseren Spaziergängen 😀
Schön, dass du das Steinchen in deinem Schuh gefunden hast. Ich denke, jetzt werden eure Touren super toll werden!
Liebste Grüße
Dani mit Inuki und Skadi
Hi Dani,
hach das kenne ich: Regelmäßig bekomme ich zu hören „Renn doch nicht so!“ und ich war schon manches Mal genervt, weil wir einfach nicht vorwärtskommen, mein Freund wiederum, weil ich so hetze. 🙈 Er sieht dann natürlich jedes Tier und andere tolle Dinge, das hat mich irgendwann schon etwas zum Umdenken gebracht. Ich nähere mich ihm nun an, aber ganz so langsam, kann ich dann doch leider nicht… 😅
Danke! 😊Ich drücke, die Daumen, dass Dein Mann auch die Vorteile der Langsamkeit lieben lernt und Ihr tolle Touren habt!
Ganz liebe Grüße
Anni mit Alex