Wandern im Elsass: von Burg zu Burg

Der Himmel ist grau und bis vor einer halben Stunde hat es noch geregnet, doch ich bin fest entschlossen: Ich will mit Hund durch die Vogesen im Elsass wandern.´

Mein Hund Alex und ich verlassen das Haus von Frau Huber, wo wir übernachten. Während wir die Straße entlanglaufen, blicke ich immer wieder etwas nach oben zum Château du Haut-Andlau, das auf der Bergspitze sitzt. Habe ich mir das wirklich gut überlegt, will ich es nicht lieber auf später oder gar morgen verschieben? Was ist, wenn es wieder regnet oder gar schneit? Ich schiebe die Gedanken beiseite. Ausnahmsweise habe ich mich mal sehr gut vorbereitet. Per Karte und Internet habe ich mehrfach die Route gecheckt. Bin auf den Karten bereits die ganze Strecke abgelaufen. Regensachen, Essen und Trinken sind eingepackt. An alles ist gedacht und auch Alex ist bereit. Also wandern wir weiter, bis wir vor der Abzweigung stehen, deren Wege uns die Vogesen hinaufbringen.

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Links oder rechts einen muss ich Dir aufschlitzen“ – dieser Text von Too Strongs Lied „krank“ geht mir immer durch den Kopf, sobald ich mich für eine Richtung entscheiden muss. Gestern bin ich schon ein Stück den rechten Weg gegangen. Er sieht etwas breiter und einladender aus, aber ich hatte mir den für den Rückweg ausgesucht, was sich später noch als gute Entscheidung herausstellt. Also der linke muss dran glauben.

Der schmale Weg führt meinen Hund und mich an einem Zaun entlang. Er ist komplett von Laub bedeckt. Die Luft ist frisch und es duftet nach Holz. Der Brunftschrei eines Hirsches lässt mich zusammenzucken. Wir laufen direkt an einem Wildgehege vorbei. Auch wenn ich die Tiere von dem Weg aus nicht sehen kann, höre ich sie deutlich. Es klingt wie ein tiefes Grunzen, das etwas Bedrohliches an sich hat. Doch die Tiere können uns nichts und so widme ich mich wieder dem Weg, der nun leider bergauf führt.

Alex und sein Warnsystem

Alex läuft hinter mir, weil der Weg sehr schmal ist. Während er leichtfüßig eine Pfote vor die andere setzt, komme ich schon wieder leicht ins Schwitzen. Scheinbar bin ich immer noch nicht recht fit und bin mal wieder etwas zu flink unterwegs. Ein kleiner Hügel versperrt mir die Sicht und als ich ihn passiert habe, befinden wir uns auf einem breiten Weg, der auf eine Art Platz führt. Ich blicke auf große Felsbrocken, die mit Moos bedeckt sind, und zum Teil abgestorbene Bäume. Von hier gehen mehrere Wege ab und ich laufe ein Stück umher, bis ich das richtungsweisende Schild entdecke mit unserem ersten Ziel: Col du Crax. Nach einem kleinen Anstieg führt uns der Weg weiter durch den Wald. Kahle Bäume, Moos und Laub auf dem Boden prägen auch hier die Umgebung.

Mein Hund Alex scheint vergnügt. Seine Rute schwingt locker durch die Luft. Hier und da schnuppert er an einem Stamm oder Blatt. Zwischendurch müssen wir unter Ästen durch krabbeln, die vermutlich vom letzten Sturm herunter gefegt worden sind. Am Pass Col du Crax angelangt, verlassen wir den Pfad und treten auf einen breiten Weg. Die Schilder zeigen uns unser zweites Ziel: Rocher Sainte-Richarde.

Der Weg geht wieder bergauf. Bevor ich weiter wandere, muss ich mich allerdings meiner Fließjacke entledigen: Es ist zu warm. Während ich meinen Rucksack auf dem Weg abstelle und mich entkleide, will Alex zur Seite springen, was die Leine verhindert. Ich will ihn beruhigen, doch dann sehe ich gerade noch rechtzeitig den Mountainbikefahrer von oben auf uns zu rasen. Schnell greife ich nach meinen Sachen und mache es meinem Hund nach. Ich bedanke mich bei Alex für seine Reaktion und Warnung.

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Der Rocher Sainte-Richarde ist ein Aussichtspunkt von dem aus wir auf den nächsten Berg der Vogesen und in das Tal bei dem Ort Andlau blicken. Nach einer kurzen Pause wandern wir weiter. Ein schmaler Pfad führt meinen Hund und mich etwas bergauf und an großen von Moos bedeckten Felsen vorbei. Zu unserer Linken geht es bergab, aber weder steil noch tief, sodass es nicht bedrohlich wirkt. Wir wandern an ein paar kleinen Tannenbäumen vorbei, die mit Schleifen und selbstgebastelten Engeln, Kürbissen und Weihnachtsmännern geschmückt sind. Immer wieder geht mein Blick nach unten, weil der Boden teils von Steinen durchzogen ist.

Nach einiger Zeit erreichen Alex und ich wieder einen breiten Weg, der bequem mit einem Auto befahren werden könnte. Normalerweise fühlt sich Alex auf solchen Wegen wohler, weil er bessere Sicht hat und sie ihn nicht einengen. Doch ich habe das Gefühl, mein Hund fand den vorherigen Streckenabschnitt besser, denn er schnüffelt nicht mehr, sondern läuft nur neben mir her. In regelmäßigen Abständen tauchen Schilder auf, die uns die Richtung weisen. Das nächste Ziel ist das Château du Spesbourg.

Der Weg ist so gut wie laubfrei. Nur auf den Hängen zu beiden Seiten sind Blätter zu sehen. Zu den Laubbäumen haben sich jetzt einige Tannen gesellt, die allerdings etwas fad aussehen und nicht im satten Grün erstrahlen. Irgendwie sehne ich mich wieder nach den schmalen Pfaden, denn dieser Abschnitt ist recht langweilig, auch wenn ich ab und zu innehalte, um dem zwischenzeitigem Knacken auf den Grund zu kommen.

Alex will seinem Artgenossen keinen Platz machen

Dann wird wieder eine Entscheidung fällig: Will ich auf dem Pfad bleiben, der laut Karte uns auch zu unserem Ziel führt, oder nehme ich den steilen, unebenen Weg in dessen Richtung ein Schild zeigt. Die Wahl fällt auf die unbequeme Variante. Nur noch die Wasserflasche wegpacken und da zieht Alex auch schon wieder an der Leine. Sein Frühwarnsystem hat angeschlagen. Ich blicke den Weg hinauf und sehe – nichts. Ein Fehlalarm ist bei meinem Hund so gut wie unmöglich. Und noch während ich mich wunder, entdecke ich den Jogger, der ziemlich fix auf dem Weg unterwegs ist, den ich eigentlich als unlaufbar bezeichnen würde.

Kurz vor uns angelangt, entdecke ich hinter ihm seinen Hund. Langsam gehe ich ein Stück zur Seite, was Alex gar nicht passt und er fängt an seinen Artgenossen mit einem Knurren zu warnen. Dieser stoppt mitten im Lauf und duckt sich. Sein Herrchen ist schon auf der anderen Wegseite bergab verschwunden und ich überlege, wie ich eine mögliche Konfrontation bewältigen könnte. Plötzlich ertönt ein lauter Pfiff und der Australian Shepherd schießt an uns vorbei, hinter seinem Herrchen her. Gut erzogen, würde ich sagen.

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Alex und ich wandern weiter. Für mich ist es wieder sehr anstrengend, für Alex hingegen spannend. Freudig schnüffelt er die Duftreste seines Artgenossen ab, während ich mal wieder ins Schwitzen komme. Die Steigung und der unebene Boden fordern mich und es wird nicht besser, sondern das Gegenteil. Der Weg wird schmaler und noch steiler. Doch nun entdecke ich zwischen den Bäumen die Ruine. Die Vorfreude treibt mich vorwärts.

Das Château du Spesbourg ist Mitte des 13. Jahrhunderts erbaut worden. Die Burg befindet sich auf dem Rothmannsberg, der etwa 451 Meter hoch ist. Sie diente dem Schutz der anliegenden Abtei Andlau. Während des Dreißigjährigen Krieges suchten hier einige Bewohner Schutz, doch die Burg wurde zerstört. Die Ruine soll ein beliebtes Ausflugsziel sein, dass mein Hund Alex und ich für uns alleine haben.

Freier Blick auf Andlau

Der Burghof und die gotischen Fenster der Wohnräume sind noch erhalten. Alex und ich gehen über eine schmale, steile Treppe hinein. Es ist mucksmäuschenstill. Nur der Wind säuselt leise durch die Überreste der Burg. Ich mache es mir auf einem Felsbrocken bequem und Alex auf einer Fensterbank: Er blickt hinaus und ich genieße die Ruhe und die unbeschreibliche Atmosphäre.

Am Abhang vor der Burg gibt es eine Aussichtsplattform, die den Blick auf Andlau freigibt. Da mir Tiefen und Abhänge etwas Angst bereiten, verzichte jedoch darauf näherzutreten. Unsere Wanderung geht weiter, Richtung Château du Haut-Andlau.

Erfreulicherweise wandern mein Hund und ich nun wieder etwas bergab. Der schmale Pfad geht in einen breiten Weg über. Zu unserer Rechten wird der Wald immer dichter und dunkler. Etwas unheimlich, aber ich schiebe meine Ängste beiseite.

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Während Alex und ich weiter wandern, vermehren sich die Blätter wieder unter meinen Füßen und der Weg wird wieder schmaler. Ein Schild zeigt uns die Richtung, die nun wieder leicht bergauf führt. Eine Gruppe mit zwei Hunden taucht auf. Die Frau will zurückgehen, als sie uns sieht, aber wir haben die bessere Möglichkeit. So steigen Alex und ich rechts weiter in den Wald. Zwischen den Bäumen warten wir, bis das Gespann vorbeizieht. Alex bleibt dieses Mal ganz ruhig und guckt dem Jack Russel und dem irischen Wolfshund einfach nur hinterher. Danach setzen wir unsere Wanderung fort. Wieder entdecke ich aus einiger Entfernung die Granitburg oder besser gesagt ihre zwei Türme.

Das Château du Haut-Andlau wurde ebenfalls im 13. Jahrhundert errichtet. Bis Ende des 18. Jahrhundert lebten dort Förster. Die Türme und Spitzbogenfenster des Wohnhauses sind noch recht gut erhalten. Über eine Metalltreppe betreten Alex und ich das Innere. Inzwischen scheint die Sonne und der Himmel ist blau, was den Aufenthalt versüßt. Nachdem ich den gotischen Bau näher betrachtet habe, steigen wir durch ein Fenster. Alex übt sich als Wachposten und blickt von der Burgmauer hinunter, wo ein Pärchen entlang läuft.

Hindernis mit Poporutschen überwinden

Nachdem wir wieder etwas Kraft getankt haben, führt uns unser Rückweg auf einen schmalen Pfad. Links geht es recht steil bergab, weshalb sich meine Angst wieder meldet. Ich stoppe. Umdrehen oder nicht? Wenn ich ins Stolpern komme oder Alex zur Seite springt, stürzen wir hinab und auch wenn es nicht wahnsinnig tief ist, dürfte das recht unangenehm sein. Ach was soll’s, weiter geht’s. Schließlich kann es gut sein, dass hinter dem Hügel der Weg wieder breiter wird – und so ist es auch. Ich bin etwas stolz auf mich.

Nun geht es wieder bergab, bevor uns ein breiter Weg zurück zum Col du Crax führt. Da ich nicht gerne den gleichen Weg hin und wieder zurückgehe, suche ich mir einen anderen Pfad aus. Nach einigen Metern kommen wir an eine Abzweigung. Laut der Karte auf meinem Smartphone sollten wir links entlang laufen, aber der Weg sieht nicht gerade empfehlenswert aus und da der andere eigentlich auch zum Ziel führen müsste, gehen wir rechts entlang. Doch leider entpuppt sich das als Fehlentscheidung und so müssen Alex und ich wieder umdrehen. Kurz frage ich mich, ob wir komplett zurückgehen und den Weg vom Anfang nehmen sollten, doch das kommt nicht in Frage.

Also wandern wir nun diese unscheinbare Strecke. Nur die Markierung an den Bäumen gibt mir Hoffnung. Durch das ganze Laub kann ich keinen Weg sehen. Der Boden ist uneben und ich knicke immer wieder um. Zwischendurch müssen wir über Äste steigen und ich verfluche diesen Abschnitt, aber ich gebe so schnell nicht auf und wieder zurück, bergauf ist keine Option. Deshalb strauchele ich weiter bergab. Alex hat natürlich mal wieder kein Problem und ich beneide ihn etwas. Nach einer gefühlten Ewigkeit erblicke ich den breiten Weg, doch zuvor gibt es noch ein Hindernis: ein kleiner Hang.

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Es sind vielleicht zwei Meter, aber der „Weg“ endet abrupt und ich kann wegen der Blätter keinen Pfad ausmachen. Springen ist zu gefährlich, also gehe ich an die rechte Seite des Hangs, wo ich mich mit Hilfe eines Baumes hinab hangel und ein Stück auf meinem Popo hinunterrutsche. Nicht sehr elegant, aber zum Glück hat das keiner gesehen. Alex springt gelassen hinterher. Doch als wir wieder vernünftigen Boden unter den Füßen und Pfoten haben, wird er unruhig. Er zieht wie verrückt vorwärts. Mal wieder brauche ich etwas länger bis sich mir der Grund seiner Angst zeigt: eine Gruppe samt Kinderwagen.

Ich bleibe ruhig, aber komme seinem Wunsch nach und gehe flott voran. Nach kurzer Zeit erreichen wir wieder den Platz mit den Felsbrocken. Auch hier will ich einen anderen Weg nehmen als zu Tourbeginn. Kurz überlege ich, ob das von eben mir nicht eine Lehre sein sollte, aber schon befinden wir uns auf der unbekannten Strecke. Links und rechts geht der Erdboden etwa 1,50 Meter in die Höhe, wo Laubbäume und Moos zu sehen sind.

Das letzte Stück hat es in sich

Der Weg ist matschig und wir treten auf eine große Fläche, die komplett von Gestrüppresten bedeckt ist. Mitten drin ragen beige, runde Steine empor, die einen Bogen und zwei kleine Luken bilden. Vermutlich sind das die Überreste eines Hauses oder Wachturms. Ein lautes Grunzen lässt mich zusammenfahren. Kurz denke ich an Wildschweine, als mir der Hirsch wieder einfällt, der nicht allzu fern sein dürfte.

Alex und ich sind nicht mehr weit von dem Gehege entfernt. Doch der Weg ist beschwerlich: uneben und undurchschaubar. Die Blätter verdecken jede Kuhle, Stein und teils Äste, sodass ich ab und zu stolpere und umknicke. Wir laufen durch eine schmale Schlucht an dessen Seite das Moos wächst. Steinbrocken tauchen wieder vermehrt auf – blöderweise unter meinen Füßen. Es ist steil und rutschig. Alex versteht vermutlich zwar nicht genau, warum ich Probleme habe bei der Strecke, aber er hört glücklicherweise auf mich und läuft langsam hinter mir her. Wenn das Laub nicht die Beschaffenheit des Bodens verdecken würde, wäre es einfacher.

Zum Glück habe ich mich zu Beginn unserer Tour nicht für diesen Weg entschieden, denn der Aufstieg wäre wahrscheinlich noch schwerer als der Abstieg. Wir schaffen aber auch diesen Abschnitt und treten schließlich wieder aus dem Wald hinaus. Ich bin erleichtert und begeistert: Meine erste Wanderung mit Hund in einem fremden Land ist geschafft und sie war großartig.

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Tipps

  • Auf der gesamten Strecke habe ich nur eine kleine Trinkmöglichkeit ausfindig gemacht, deshalb sollte auf jeden Fall Wasser im Gepäck sein.
  • Es kann auch ein Schlenker über den Hungerplatz gewandert werden, wo eine Herberge zu einer Stärkung einlädt.
  • Im Frühjahr ist die Tour wahrscheinlich um einiges angenehmer und schöner, weil das Laub nicht den Boden verdeckt und die Pflanzen blühen.
  • Teilweise sind die Abschnitte steil und erfordern eine gute Kondition sowie Trittsicherheit. Wer die Aussichtspunkte genießen möchte, sollte schwindelfrei sein.
  • Der Vogesenclub ist der Wanderverein vor Ort, dank dem die Strecke sehr gut ausgeschildert ist. Es gibt auch zahlreiche Tourvarianten, die ebenfalls gut ausgewiesen sind.
  • Auch wenn wir auf freilaufende Hunde gestoßen sind, sollten die Vierbeiner lieber angeleint sein, da in den geschützten Gebieten Leinenpflicht besteht und in den Vogesen auch viel Wild zuhause ist. Außerdem sollen die Franzosen leidenschaftliche Jäger sein und da kann ein Hund schon mal aus Versehen vor die Zielscheibe geraten.

Alle wichtigen Informationen habe ich unter „Wandertour: durch die Vogesen von Burg zu Burg bei Barr“ zusammengefasst.

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