Es ist geschafft, das Geknalle hat ein Ende und Alex hat es wider Erwarten überlebt. Allerdings lief nicht alles wie geplant.
Vorab wünsche ich Euch noch ein frohes neues Jahr. Ich hoffe, dass Ihr und Eure Vierbeiner gut reingerutscht seid!? Wir sind es auf jeden Fall. Wir hatten einen schönen Abend bei Freunden, wobei Alex teils nicht so begeistert war. Das lag allerdings nicht an unseren Freunden, sondern natürlich an den Böllern und Raketen. Eigentlich hatte ich einen Plan, um den Abend für meinen Hund so gut wie möglich zu gestalten, doch es kam natürlich anders.
Tagsüber wollte ich ursprünglich mit Alex an einen möglichst ruhigen und knallfreien Ort fahren, um ihn körperlich auszulasten. Die Tage vor Silvester waren wir bereits an den vermeintlich ruhigen Plätzen im Ostalbkreis von Baden-Württemberg unterwegs, doch es war einiges los. Neben vermehrten Spaziergängern waren noch Jäger und Holzfäller zu hören. Da Alex auf die Schüsse, Motorsäge und Baumstürze mehr reagierte als sonst, beschloss ich am Silvestertag doch besser seine vertraute Standardroute abzulaufen. Denn normalerweise stört es ihn da nicht so sehr, wenn es einmal knallt – weit gefehlt.
Wir machten uns also auf den Weg raus aus unserer Gemeinde. Zu dem Auslastungsprogramm gehörte die tägliche Futterarbeit. Auf einer Wiese lasse ich Alex sich sein Futter erarbeiten: Entweder in dem ich es durch die Gegend werfe und er hinterherrennen darf oder indem er es erschnüffeln muss. Bereits zu Beginn zeigte sich, dass Alex nicht ganz so motiviert war. Normalerweise springt er wie ein verrückter hinterher, an diesem Tag trabte er lediglich. Bei jedem Knall reagierte er mit stehenbleiben und irgendwann wollte er sich im Gebüsch verstecken. Mit seinem Futter konnte ich ihn nicht mehr locken und so haben wir die Fütterung abgebrochen.
Man muss jedem Hindernis Geduld, Beharrlichkeit und eine sanfte Stimme entgegenstellen. Thomas Jefferson
Kurzzeitig hatte ich überlegt den Spaziergang zu beenden, aber Alex braucht ausreichend Bewegung und so stiegen wir weiter den Hügel hinauf. Auf unserer Strecke wurden zwar keine Böller gezündet und es war auch niemand unterwegs, aber das Geknalle drang trotzdem zu uns empor, was Alex nicht behagte. Mit leicht eingeklemmter Rute zog er vorwärts. Bei jedem Böller zuckte er zusammen und zwischendurch zitterte er. Also fing ich an, ihm teils flüsternd teils nur gedanklich zu erklären, dass ich ihn beschütze. Es klingt für manchen vielleicht verrückt, aber die ganze Strecke über redete ich mit ihm. Ich erklärte ihm mit sanfter Stimme, dass ich seine Angst verstehe, aber dass er so ruhig wie möglich bleiben muss, denn erst das panische Wegrennen kann Gefahren bergen, wie vor ein Auto zu laufen.
Ob er mich verstanden hat, weiß ich natürlich nicht, aber mich beruhigte es auf jeden Fall und so konnte ich für ihn da sein ohne seine Angst zu verstärken. Während meiner Gebetsmühle blieb Alex stets in meiner Nähe und seine Wegrennversuche hielten sich im Rahmen. Seine Angst war aber immer noch so groß, dass wir keine zwei Stunden laufen konnten, was für die körperliche Auslastung gut gewesen wäre.
Zuhause wollte ich Alex eigentlich mit viel Kopfarbeit beschäftigen, damit er auch geistig ausgelastet ist und am Abend etwas erschöpft. Doch auch daraus wurde nichts. Die Böller hatten ihn auch drinnen sehr verstört. So saßen wir auf dem Sofa, guckten fern und bauten Alex eine Höhle unter unseren Beinen, die ihn mit einer Decke abschirmte. Das mussten wir bereits die Abende davor machen, denn da knallten bereits die ersten. Die Spaziergänge abends beschränkten sich nur auf einmal das Bein heben, weil Alex einfach nicht raus wollte. Deshalb entschied ich mich mit dem Auto zu unseren Freunden zu fahren statt zu laufen.
Leberwurst geht immer
Ursprünglich wollte ich auch ein Mittel ausprobieren, das mir mein alter Tierarzt empfohlen hat. Es betäubt die Hunde nicht, sondern soll lediglich beruhigend wirken. Die Tiere sollen damit noch klar und absolut handlungsfähig sein. Allerdings hatte ich bei unserem Heimatbesuch vergessen, dass mein Tierarzt im Urlaub war. Also ist aus dem Versuch nichts geworden.
Auch mein Ablenkungsmanöver mit einem behaarten Hasenohr scheiterte. Normalerweise verputzt Alex diese Dinger innerhalb kürzester Zeit, doch am Silvestertag rührte er es nicht an. Leberwurst und Schinken nahm er hingegen dankend bei jedem Knall an.
Als wir bei unseren Freunden ankamen, legte er sich unter den Tisch, wo er fast den ganzen Abend an meinen Beinen verbrachte. Nur zum Trinken oder Leckerliabstauben kam er hervor. Insgesamt machte er dort einen recht entspannten Eindruck. In der Umgebung wurde glücklicherweise auch weniger geknallt als bei uns.
Bei einer kurzen Pipirunde ging dann wieder das Zittern los. Das sein Kumpel locker durch die Gegend lief, half meinem Hund leider nicht. Also ging es fix wieder rein. Um zwölf Uhr hörte das Zittern zuerst nicht mehr auf, doch insgesamt wirkte er ruhiger als im letzten Jahr. Alex hatte da aus Angst sogar ins Wohnzimmer gepinkelt, als wir alle in den Wintergarten gingen, um das Feuerwerk zu bestaunen. Dieses Mal ließ ich ihn aber nicht allein. Ich hockte mich zu ihm unter den Tisch und legte ihm eine Hand auf. Zwischendurch flüsterte ich ihm erklärende und beruhigende Worte zu.
Wenn das alte Jahr erfolgreich war, dann freue dich aufs neue. Und war es schlecht, ja dann erst recht. Albert Einstein
Normalerweise bin ich nicht unbedingt die ruhigste, aber an Silvester ist es mir gelungen. Auch der Hund unserer Freunde kam irgendwann zu mir. So saß ich unter dem Esstisch, den einen Hund vor mir liegend mit einer Hand auf der Schulter und den anderen auf meinem Schoß. Zwischendurch erklärte ich den beiden, dass es bald vorbei ist. Zugegeben zwischendurch kam ich mir komisch vor und fragte mich, was die anderen von mir denken, aber ich bin froh, es so gemacht zu haben. Denn ich glaube, es hat Alex geholfen.
Beim Heimweg zu Fuß war er auch erst sehr vergnügt, bis wir näher in unseren Ort kamen. Dort waren noch einige Knaller zu hören. Auch am nächsten Tag sah es nicht viel besser aus. Zwar wurden weniger Böller gezündet, aber sie reichten aus, um Alex zu verängstigen. Er wollte erst nicht laufen. Sogar seine Lieblingsstrecke war ihm nicht geheuer. Zwischendurch fing er sich und lief mit wedelnder Rute von Halm zu Halm. Doch als wir wieder näher an den Ort kamen, zog er wieder die Rute ein und wollte sich verstecken. Zwar fiel die Runde wieder größer aus, aber den Rest des Tages blieben wir nur bei kurz Beinchenheben. Die Nächte verbrachte er natürlich, wie sollte es anders sein, im Bett, dicht an mich gedrängt.
Ab heute ist wieder alles beim Alten. Alex freute sich über den ersten Schnee und lief fröhlich durch die Gegend. Selbst die noch vereinzelt auftretenden Knaller störten ihn kaum. Also Alex hat Silvester und Neujahr ohne Nachwirkungen überlebt. Vielleicht lässt es das Urlaubsbudget zu, sodass wir das nächste Mal auf eine einsame Berghütte fahren können oder irgendwohin, wo nicht geknallt wird. Doch bis dahin ist noch viel Zeit. Erst einmal hoffe ich auf ein tolles, ereignisreiches Jahr – natürlich auch für Euch!