Ein Flachlandhund, eine Bergziege und die Wümmewiesen

Alex und ich sind mal wieder in unserer alten Heimat unterwegs. Zwar bin ich größtenteils in Bremen aufgewachsen und habe hier viele Jahre gelebt, aber trotzdem entdecke ich ständig neue Orte für eine Hunderunde  so auch an diesem Nachmittag. 

Mein Freund lag mir schon öfter in den Ohren, dass ich mal mit zu den Borgfelder Wümmewiesen kommen soll, also machen wir das doch heute. Wir fahren durch Bremen Oberneuland am Reitverein Hubertus vorbei direkt an den Hollerdeich. Diese Strecke in Bremen kenne ich recht gut, da ich hier schon manches Mal mit Inlinern lang gebraust bin. Ja ok, ich übertreibe etwas, gerollt trifft es besser, denn so schnell war ich nun auch nicht unterwegs.

Wir fahren ein Stück die Straße entlang, an den Häusern vorbei. Irgendwann geht es nach rechts. „Das ist der Weg“, meint mein Freund, doch das kann nicht sein. Denn er ist nur für Anlieger. Mein Freund sagt, dass sie da immer durchfahren, da es sonst keine andere Möglichkeit gibt, aber in solchen Dingen verhalte ich mich ja gesetzestreu. Also fahren wir wieder zurück auf den Parkplatz. Von da geht es über eine kleine Brücke direkt auf einen Feldweg. Ab da befinden wir uns nicht mehr in Bremen, sondern in Niedersachsen: Der Jürgensgraben bildet an dieser Stelle sozusagen die Grenze der beiden Bundesländer. Im Laufe unserer Runde landen wir aber auch wieder in Bremen.

Alex ist normalerweise an neuen Orten immer etwas angespannt, aber hier nicht. Er trabt fröhlich mit leicht schwingender Rute neben uns her. Er schnüffelt ausgiebig und lässt sich gefühlt fast keinen Grashalm oder Baum entgehen. Alex ist die Entspannung und Fröhlichkeit in Person äh in Hund. Sein Maul ist leicht geöffnet und seine Augen strahlen. Er ist sogar so gut drauf und selbstbewusst, dass er den entgegenkommenden Hund erst einmal anbellen muss. Normalerweise macht er das nur, wenn er unsicher ist, doch davon fehlt heute jede Spur.

Einige Meter später geht mir das Licht auf, warum mein Hund so gut drauf ist: Wir sind im Flachland und das heißt, Alex kann gaaaaanz weit gucken. Sprich er kann jede Gefahr schon aus der Ferne sehen und es kann kein böser Wicht einfach um die Ecke springen. Mir gefällt es auch. Die Sonne scheint, die Sicht ist frei auf Felder und ein paar Kühe, die wir passieren. Auch diese Tiere gehören nicht zu denjenigen, die mein Hund für bemerkenswert hält. Die Paarhufer scheinen es ähnlich zu sehen, bis auf eines. Das betrachtet uns etwas genauer. Mit Grashalmen im Mund mampft es uns freundlich an.

Es ist herrlich ruhig, verhältnismäßig windstill und wir treffen erst mal keine weitere Menschenseele. An einer Weggabelung stoppen wir. Ein Stück weiter ist ein Miniwald und zu unserer Rechten ragt ein Schild empor: „Betreten verboten! Wertvolles Vogelbrut- und Rastgebiet!“, ist darauf zu lesen. Es zeigt allerdings in Richtung Feld, was mich etwas irritiert. Dürfen wir nun geradeaus gehen oder nicht? Wir machen es einfach und es folgt auch kein weiteres Schild.

Alex ist nach wie vor hellauf begeistert und möchte jetzt auch gerne einen kleinen freudigen Sprint einlegen. Kurz überlege ich, ob ich die Schleppleine loslassen sollte. Glücklicherweise entscheide ich mich dagegen: Nur einige Meter weiter entdecke ich ein paar Rehe, die auf der Wiese liegen. Als sie uns sehen, rennen sie jedoch weg, obwohl wir noch sehr weit von ihnen entfernt sind. Super, denke ich, das ist eine tolle Möglichkeit, um mit unserem Anti-Jagd-Training weiterzumachen. Doch ich habe die Rechnung ohne meinen Hund gemacht. Er hat sich fest geschnüffelt an den Grashalmen und bekommt von den Rehen nichts mit. Schade.

Nach kurzer Zeit müssen wir umdrehen, weil der Weg endet und wir so nicht zu dem Teil der Wümme gelangen, den mein Freund erreichen möchte. Während Alex noch fröhlich von rechts nach links springt, schleicht sich bei mir langsam Missmut ein. Es ist schön, aber auf Dauer doch etwas öde. Mein Freund sieht das anders. Also ich bin in der Unterzahl, was mich nicht davon abhält etwas quengelig zu werden. Ich versuche meinen Unmut aber so gut es geht für mich zu behalten, was mir nur bedingt gelingt. Wo sind die Berge? Und die paar Bäumchen machen doch noch lange keinen Wald. Der weite Blick ist ja schön und gut, aber bietet auch nur bedingt Abwechslung. Und dann zieht sich das Wetter auch noch langsam zu. Ich sehne mich nach unserer Heimat im Ostalbkreis von Baden-Württemberg. Aber mein Freund will unbedingt noch zur Wümme, also füge ich mich und trotte neben den beiden her.

Wir gelangen auf eine Straße. Es ist die, die nur für Anlieger ist und so kommt auch kein Auto an uns vorbei. Stattdessen ein Mädchen auf dem Fahrrad mit freilaufenden Hund. Alex nimmt seine Proletenhaltung ein. Er wechselt von fröhlich, entspannt zu angespannt, mit erhobenen Kopf und Rute. Seine Brust schwillt etwas an und er läuft, als wäre er der Obermacker. Glücklicherweise nimmt das Mädchen ihren Hund an die Leine, was Alex wenigstens etwas entspannt. Er kann sich aber einen Laut nicht verkneifen, der klingt, als wolle er sagen „Sieh bloß zu, dass Du Land gewinnst!“.

Nun ist auch das Ziel in Sicht. Eine Brücke unter der die Wümme durchfließt. Links und rechts sind breite Grasstreifen. Auf der einen Seite stehen einige Bäume in Reih und Glied, daneben führt ein Sandweg, der den Hufspuren zu urteilen für Reiter gedacht ist. Auf der anderen Flussseite zieren Gebüsche das Ende der Wiesen. Ich bin wieder verzaubert. Es ist wahnsinnig schön. Durch die tiefen Wolken scheint die Sonne gelborange und das Wasser plätschert beruhigend vor sich hin. Wir gehen den Grasstreifen entlang. Auf den Feldern dahinter tummeln sich immer wieder ein paar Rehe, die Alex aber nicht ein einziges Mal entdeckt. Nicht schlimm, so können wir die Natur und Ruhe einfach nur genießen. Der auf Dauer langweilige Weg hat sich doch gelohnt und ich kann ihn später entspannt zurückgehen.

Tipps

  • Kostenlos parken kann man Am Hollerdeich in Bremen.
  • In der Gegend gibt es zahlreiche Wege, die eingeschlagen werden können. Wir waren über zwei Stunden unterwegs, aber es lassen sich auch durchaus noch kleinere Runden laufen oder eine in Kombination mit dem Deich.
  • Für die Hitze im Sommer ist die Strecke allerdings nicht zu empfehlen, denn Schatten ist fast überall Mangelware.
  • Trinkmöglichkeiten gibt es vereinzelt. An dem einen Teil der Wümme, braucht der Hund aber etwas Mut, um vom Ufer in die Wümme zu springen und um dort auch wieder hinaus zu kommen. Konnte nämlich keine abgesenkte Ecke entdecken. Also lieber Wasser einpacken, wenn man länger unterwegs ist.
  • Manche Abschnitte sind Schutzgebiete und als wir da waren, war viel Wild unterwegs, deshalb sollten jagende Hund auf jeden Fall an der Leine bleiben.
  • Wir haben nur zwei Menschen mit Hund getroffen, aber auch sonst soll es, laut meinem Freund, nie überlaufen sein.
  • Ob die Uferwege der Wümme betreten werden dürfen, ist nicht ganz klar. Es gibt keinerlei Verbotsschilder, aber sie können durchaus im Privatbesitz sein. Als Angler im zuständigen Verein hat mein Freund Begehungsrecht, weshalb wir uns darüber keine Sorgen machen mussten. Er hat dort aber schon öfter Menschen getroffen und sofern man Rücksicht nimmt, also Haufen wegmachen, keinen Müll liegen lassen oder etwas beschädigen (was ja alles selbstverständlich sein sollte), wird es wohl geduldet. Schließlich hat mein Freund noch nie Ärger mitbekommen und auch der Landwirt, der an uns vorbeikam, hat nicht gemeckert. Falls Ihr auf Nummer sicher gehen wollt, gibt es drumherum auch ein paar Wege, die eingeschlagen werden können.

2 Comments

  1. Schon viel drüber gehört, aber noch nie da gewesen…
    Danke für die Beschreibung und die Bilder! Ich denke, das nehmen wir mal in Angriff, sieht ja toll aus da 😊
    Liebe Grüße,
    Nicole

    • Anni Antworten

      Hy Nicole,
      danke für Deinen Kommentar.
      Es ist wirklich schön da, auch wenn ich zwischenzeitlich etwas gequengelt habe… 😉 Wären wir direkter zur Wümme gelaufen oder hätte ich gewusst, was mich erwartet, wäre das sicherlich nicht passiert.
      Das Tolle ist, dass man einige Wege zur Auswahl hat und einige Kilometer an der Wümme entlang laufen kann. In einigen Abständen tauchen auch immer wieder Brücken auf, sodass man auf der anderen Seite der Wümme wieder zurücklaufen kann. Also ich kann es empfehlen!
      Wünsche Euch viel Spaß, wenn Ihr da mal hinfahrt und würde mich freuen, wenn Du mir danach erzählst, wie Du es fandest!?
      Liebe Grüße
      Anni

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