Schon bei unserer Ankunft in Ruggell konnten wir ihn sehen: Den Eschnerberg, der mitten im Rheintal liegt. Keine Frage, dass wir darauf wollten. Die Reise mit Hund nach Liechtenstein habe ich schließlich unter anderem ausgewählt, damit Alex und ich wandern können. Uns so laufen mein Hund und ich los zum Historischen Höhenweg.
Der Historische Höhenweg führt einmal rund über den Höhenrücken des Eschnerbergs. Es gibt eine Gesamtstrecke von etwa 15 Kilometern und vier kürzere Rundwege, die verschiedene Highlights parat halten und zwischen drei und acht Kilometer lang sind. Mein Motto lautet aber wieder ganz oder gar nicht. Mein Hund Alex hat keine Wahl und muss sich fügen. Wir starten direkt von unserem Gasthaus aus. Ruggell ist zwar nur ein kleiner Ort, aber trotzdem ist einiges auf den Straßen los, was Alex nicht so behagt. Also schnell zusehen, dass wir zum Berg kommen und in den Wald eintauchen können. Doch das ist gar nicht so leicht.
Ein bisschen Aufregung ist immer mit dabei
Zwar habe ich eine Karte dabei und eine Broschüre, aber unser Startpunkt ist natürlich nicht markiert. Liechtenstein zeigt, dass es ein Wanderparadies ist, denn an fast jeder Ecke sind Wanderwegschilder zu sehen. Leider zeigen alle in eine andere Richtung. Aber wir schaffen es und kommen irgendwie an einen Schotterweg, der hinauf in den Wald führt. Endlich etwas Schatten für Alex, der schon ziemlich hechelt. Denn die Sonne strahlt und für Anfang April ist es sehr warm.
Oben angekommen, machen wir bereits die erste Pause und genießen die Stille und die Natur. Ich bin aufgeregt und freue mich, aber wie bei jedem neuen Abenteuer schwingt auch etwas Angst mit. Es ist die zweite Reise in ein fremdes Land, die ich allein mit meinem Hund Alex mache. Ein Vorteil gegenüber Frankreich (mehr dazu hier „Wandern im Elsass: von Burg zu Burg“) ist, dass ich mich im Notfall besser verständigen kann. Also schiebe ich die unguten Gedanken beiseite und es geht weiter.
Der Wald lichtet sich etwas und gibt immer wieder den Blick frei auf die Berge. Am Wegesrand lässt sich nicht nur Laub entdecken, sondern auch die ersten Blumen. Der schotterweg führt uns schließlich hinaus aus den Wald und etwas hinunter in den kleinen Ort Gamprin. Nun wandern mein Hund ich auf Asphalt durch die Wohnanlagen, die an den östlichen Hängen des Eschnerbergs liegen. Es ist alles sehr sauber und gepflegt. Für Alex ist aber wahrscheinlich das wichtigste, das nicht viel los ist. Allerdings ändert sich das, als wir auf die Hauptstraße kommen. Auf dieser müssen wir das etwas über 1600 Einwohner große Dorf passieren. Und blöderweise ist gerade Schulschluss, sodass wir viele kleine Kinder treffen, die Alex ein ganz besonderer Graus sind. Aber ich bleibe ruhig und bringe stets viel Abstand zwischen uns und die „gefährlichen“ Zweibeiner. Alex scheint es mir zu danken.
Ich sehne mich aber auch schon wieder zurück in den Wald — weg vom Trubel. Leider kommt es noch dicker. Auf der anderen Straßenseite sehe ich plötzlich einen großen schwarzen Hund, der angerannt kommt. Gerade große, schwarze Hunde sind Alex nicht die liebsten und wenn sie auf ihn zu stürmen erst recht nicht. Ich hoffe inständig, dass dieses Exemplar nicht die Straße quert – vergebens.
Mit Stativ und Entschlossenheit Gefahr gebannt
Blitzschnell ist er drauf und bringt ein Fahrrad sowie ein Auto zum Stoppen. Alex fängt an zu knurren, aber ich will keine Keilerei. Ich weiß gar nicht, wie mir das alles so schnell gelingt, aber flux habe ich Alex hinter mich gebracht und mein Actioncam-Stativ vor mich. Energisch auf den fremden Hund gerichtet, schreie ich ihn mit recht sicherer Stimme an. Es zeigt Wirkung: Nicht nur der Hund bleibt stehen und schaut leicht verdutzt, auch der Fahrradfahrer. Mit meinem Stativ und Entschlossenheit halt ich ihn von uns fern, bis seine Besitzerin endlich kommt. Glück gehabt.
Die Frau entschuldigt sich und wir wechseln noch kurz ein paar Worte, bevor Alex und ich mit pochendem Herzen weiter wandern. Ich sehne mich definitiv zurück in den Wald. Die Erfüllung meines Wunsches lässt nicht mehr lange auf sich warten. Und schon geht es wieder auf einen Schotterweg bergauf. Es ist nur ein kurzes Stück und schon sind wir wieder in der Zivilisation in Bendern. Der Ort bildet mit Gamprin eine Doppelgemeinde und ist fast genauso groß. Auch hier ist alles akkurat und modernisiert. Nur haben wir jetzt Sicht auf die weißen Wipfel Liechtensteins. Der Historische Höhenweg sieht eigentlich einen Abstecher durchs das Dorf vor, wo man auch verschiedene Rastmöglichkeiten hat. Doch ich ziehe die Natur vor.
An Weiden und Mauern vorbei wandern wir den Asphalt entlang. Die Sonne scheint auf unsere Köpfe und wird immer stärker. Also nichts wie ab in den Schatten. Doch dafür müssen wir erst wieder einen schmalen Sandpfad, der zwischen den Wiesen liegt, hinauf. Bei der Wärme fällt mir langsam jeder Schritt schwer. Nur gut, dass auf halber Strecke eine Bank auf uns wartet – Schatten inklusive. Der Blick über Bendern hinweg zu den Bergen gepaart mit der frischen Luft und der Ruhe sind einfach fantastisch und lassen mich den Straßenabschnitt schnell vergessen. Hier könnte ich den ganzen Tag sitzen bleiben: den Alpstein, das Rätikon und das Rheintal bewundern. Doch wir haben noch einiges vor. Also wandern wir weiter hinauf und tauchen wieder mehr in die Natur ein.
Der Wanderweg führt uns an schmalen, dicken, großen und kleinen Laubbäumen vorbei. Mal geht es direkt durch die Sonne an Wiesen und mal an Häusern vorbei. Zum Teil sind die sonnigen Abschnitte recht lang, was für Alex nicht so optimal ist. Deshalb nutze ich jede Möglichkeit, um eine Pause im Schatten einzulegen. Immer wieder kann ich auf die Orte in Liechtenstein und die Berge schauen. Auch die drei Gipfel der Bergkette Drei Schwestern sind zu sehen, wie sie 2053 Meter in die Höhe ragen. Nach einer gefühlten Ewigkeit auf Asphalt durch die Sonne können wir endlich wieder in den Wald eintauchen. Natürlich geht es zuvor bergauf. Die Wege sind mal breiter mal schmaler, aber alle recht gut zu begehen. An manchen Baumstämmen schlängelt sich Efeu entlang und die Felsbrocken, die zwischendurch zu sehen sind, werden oft von Moos bedeckt.
Ich bin ganz angetan, aber Alex ist etwas angespannt. Auch wenn wir kaum eine Menschenseele treffen. Die neue Umgebung, der zwischenzeitige Stress und insbesondere die Wärme machen meinem Hund zu schaffen. Im nächsten Dorf, das wir sehr kurz passieren, ist es auch recht ruhig. Doch als wir zu der Ruine Neu-Schellenberg kommen, ändert sich das. Dort treffen wir nämlich auf ein Zeltlager. Die Jugendlichen versetzen Alex in noch größere Unruhe, aber leider müssen wir uns dadurch schleichen, denn ich muss ganz dringend auf Toilette und die ist nun mal am Ende des Hügels. Widerwillig geht Alex mit, aber man sieht ihm ganz deutlich die Erleichterung an, als wir die Menschentraube verlassen und in die Ruine eintauchen.
Die Ruine Neu-Schellenberg oder auch Obere Burg genannt ist eine eine von zwei Ruinen auf dem Eschnerberg. Sie ist die größere von beiden Anlagen und liegt in dem Ortsteil Hinterschloss. Ein Teil soll bereits um 1200 erstellt worden sein und der Rest wurde vermutlich im 13. Jahrhundert erbaut und im 16. Jahrhundert aufgegeben. Anlässlich der Feier „300 Jahre Liechtensteiner Unterland“ wurde die Ruine mit WCs und Waschanlagen ausgestattet. Der Platz bei der Ruine steht als Lager zur Verfügung, wo Zelte für bis zu 80 Jugendliche aufgstellt werden können. Seit September 2012 findet in der Ruine einmal im Jahr The Princely Liechtenstein Tattoo statt. Dabei handelt es sich um ein internationales Musikspektakel, bei dem Polizei- und Militärbands aus ganz Europa auftreten
Das Zeltlager ist noch deutlich zu hören und so entscheide ich schnellst möglich von Dannen zu ziehen. Also wieder den Hügel hinab. Kurz danach entdecken wir ein Trinkbecken, wo ich mich mit dem frischen Wasser stärke. Alex stellt nur kurz seine Pfoten in die Pfütze, die durch das Überlaufen des Beckens entstanden ist, und will weiter. Es liegen noch einige Kilometer vor uns, aber ich sehe meinem Hund die Erschöpfung an. Ihm zu Liebe breche die Wandertour ab. Schließlich müssen wir ja noch zurück. Also kürzen wir durch das Mittlere Schellenberg ab und wandern Richtung Ruggell.
Wir entdecken die Ruine Alt-Schellenberg oder Untere Burg. Auch wenn der Name etwas anderes vermuten lässt, ist sie einige Jahre nach der Oberen Burg entstanden. Die Ruine dient uns als ruhiger Rastplatz. Alex entspannt sich etwas und scheint wieder zu Kräften zu kommen. Vielleicht spürt auch er die vergangenen Zeiten des mitteralterlichen Burglebens und beleben ihn wieder?!
Ein bisschen Wehmut am Ende
Der weitere Weg wird jetzt schon etwas schwieriger. Eine steile Treppe erwartet uns und ein schmaler Pfad führt am Abhang entlang. Zwischendurch fühle ich mich etwas unbehaglich. Also bleibe ich stehen und schaue mir alles ganz genau an. Der Weg ist nicht einmal annähernd so beängstigend und gefährlich wie der eine Abschnitt auf dem Urwaldsteig, der mir große Probleme bereitet hat (mehr dazu hier „Höhen und Tiefen einer Wanderung“).
Klar auch hier könnte ich mich böse verletzen, aber das habe ich nicht vor. Als es recht steil bergab geht, setze ich langsam einen Fuß vor den anderen. Alex will voran springen und reißt uns fast um. Einen kurzen Ausraster kann ich mir nicht verkneifen und meckere ihn an (ja, ich weiß, dass bringt eigentlich nichts und im Nachhinein tut es mir auch Leid). Danach positioniere ich ihn wieder hinter mir und es geht weiter. Wir kommen heile unten an. Kurz die Straße passieren und wieder in den Wald hinein. Wald und Wiesen wechseln sich ab, bis wir wieder in Ruggell landen. Ein bisschen wehmütig blicke ich zurück. Denn ich ich hätte gerne die ganze Tour gemacht und einen Blick auf Österreich geworfen, aber für Alex ist es besser so.
Hast Du auch schon mal eine Tour für Deinen Hund abgekürzt oder abgebrochen? Erzähl mir doch davon in den Kommentaren!
Tipps
- Nicht nur landschaftlich hat der Historische Höhenweg in Liechtenstein etwas zu bieten, sondern auch geschichtlich. Uns hat das zwar weniger interessiert, aber wer möchte, erhält an 48 Tafeln zahlreiche Informationen über die archäologischen Fundstellen, historischen Ereignisse, Sagen, die Orte und Gebäude sowie über die Natur.
- Den Historischen Höhenweg kann man von verschiedenen Stellen aus starten. Wer nicht in einem Gasthaus, Hotel oder Ferienwohnung direkt nebenan wohnt, wie Alex und ich, kann beispielsweise in Bendern bei der Post die Wandertour beginnen.
- Der Wanderweg ist recht gut ausgeschildert und es tauchen einige Karten und QR-Codes auf, sodass ein Verlaufen kaum möglich ist. Eine zusätzliche Karte oder Wander-App kann ich dennoch empfehlen, insbesondere wenn man nicht direkt auf dem Weg startet, sondern in einem der umliegenden Orte.
- Wer nicht den gesamten Weg gehen will, hat, wie bereits geschrieben, die Möglichkeit einen der vier Rundwege zu nehmen. Diese reichen von 3,1 Kilometer über rund 6 bis hin zu 8,2.
- Ich persönlich kehre nur selten bei meinen Wanderungen mit Hund ein. Stattdessen habe ich immer ein paar Snacks im Gepäck. Doch natürlich hält die Strecke des Historischen Höhenwegs auch ein paar Lokalitäten parat: zum Beispiel in Bendern, Mittlerer Schellenberg und Hinterer Schellenberg. Zu trinken sollte aber auf jeden Fall im Rucksack sein, denn bis auf bei der Oberen Burg habe ich keine Wasserquellen entdeckt (für Hunde sieht es auch nicht gut aus).
- Im Falle eines Falles von beispielsweise Verletzung oder Unlust kann man auf den Bus umsteigen, der die größeren Orte ansteuert.
- Eigentlich kann der Historische Höhenweg fast das ganze Jahr über bewandert werden. Es gibt nur ein paar Abschnitte, die bei Matsch und/oder Eis sowie Schnee schwieriger zu begehen sein dürften. Allerdings sollte man auch nicht unbedingt bei Hitze und Sonnenschein die ganze Strecke mit Hund wandern, denn einige Abschnitte bieten keinen Schatten.
- Hier auf der Website des Unterland Tourismus findest Du einen Flyer und eine interaktive Karte.
Alle wichtigen informationen über die Wandertour habe ich Dir hier zusammengefasst: „Wandern mit Hund in Liechtenstein: Historischer Höhenweg“.
5 Comments
Guten Morgen!
Mittlerweile klappen die Wanderungen ja besser bei uns, aber eine Zeitlang habe ich auch öfter Touren abgebrochen oder umgeplant, weil es zu stressig wurde.
Je unruhiger Panda wurde, um so weniger hörte er oder achtete auf mich. Jetzt ist das nicht mehr so schlimm, aber es liegt auch oft daran, wie nervös oder angespannt ich bin.
Die Situationen mit den freilaufenden Hunden kenne ich nur zu gut.
Gerade in bäuerlichen Gegenden in den Bergen muss man teilweise an jeder Ecke mit einem rechnen. Auch wenn die meisten ganz lieb sind, finde ich das immer schwierig, weil Panda vor fremden Hunden erstmal Angst hat.
Deine Wanderung sieht aber auch trotz. des Abbruchs sehr schön aus!
Liebe Grüße
Carolin
Liebe Carolin,
vielen lieben Dank für Deinen Kommentar! Es freut mich, dass es bei Euren Wanderungen inzwischen besser klappt! Ich kann mir sehr gut vorstellen, welche Probleme Du hattest und teils noch hast (nicht nur weil ich Deine Beiträge lesen… ;-)). Wir haben halt zwei der etwas schwierigen Exemplare von Hund und auch bei uns ist es immer so, dass je angespannter ich werde, umso unruhiger wird Alex. Deshalb arbeite ich stets an mir und langsam, aber sicher wird es besser. Das ist ja auch das Schöne, dass es, je öfter man mit dem Hund wandern oder auf Reisen geht, umso besser wird es!
Ich gerate meist an die nicht so lieben Bauernhofhunde, aber wahrscheinlich reagieren sie auch nur auf Alex Angstaggressionen und wären viel freundlicher, wenn meienr nicht so ein Theater machen würde… Aber auch daran arbeite ich. Trotzdem fällt es mir oft noch etwas schwer, ruhhig zu bleiben, wenn wir auf einen freien, großen Hund treffen. Manches Mal kriege ich schon leichtes Herzrasen, wenn ich in der Ferne einen Bauernhof sehe, auch wenn ich noch gar nicht weiß, ob da überhaupt ein Hund wohnt… Aber Übung macht den Meister und wir beiden werden von Mal zu Mal entspannter.
Danke, freut mich dass Dir die Wanderung gefällt, sie war in der Tat auch ganz schön!
Ich wünsche Dir, Panda und Deiner Familie noch ganz viele tolle Wanderungen und dass es auch bei Euch noch besser wird!!!
Liebe Grüße
Anni
Wandern ist für unseren Rocky nichts mehr. Zumindest weitere Strecken möchte er nicht mehr laufen. Alles was länger als 5 km ist ist für ihn zu viel. Das liegt an seinem Alter, als er noch jung war waren wir öfters längere Strecken unterwegs jetzt reicht es nur noch für eine größere Gassirunde. Wir wandern zwar immer noch gern aber Rocky bleibt dann bei Verwandten oder Freunden solang.
Hi,
das ist natürlich Schade, aber es gibt ja auch tolle Touren bis an die 5 Kilometer.
Mit Alex konnte ich dieses Jahr auch nicht wirklich wandern, weil er einige körperliche Beschwerden hatte und auch seine Angst hatte sich durch die Corona bedingten „Massenbewegungen“ verstärkt. Nicht zuletzt dadurch habe ich gemerkt, dass die Länge einer Strecke keine Rolle spielt, sondern dass man auf kurzen Runden und selbst auf denen, die man schon hunderte Male gedreht hat,immer wieder etwas Neues entdecken und kleine sowie große Abenteuer erleben kann!
Ich wünsche Euch trotz des Alters von Rocky noch viele wundervolle Hunderunden und gemeinsame Jahre! Und wenn Ihr ohne Hund unterwegs seid tolle Wandertouren.
Liebe Grüße
Anni
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