Mit Hund auf den Spuren der Römer

Mein Interesse für Geschichte ist eigentlich recht begrenzt, vor allem wenn ich dafür ein Museum besuchen muss. Meinem Hund Alex ist das frühere Geschehen ebenfalls Schnuppe. Es sei denn ein altes Bauwerk riecht interessant, dann muss ich aufpassen, sonst hinterlässt Alex seine Visitenkarte. In unserer neuen Heimat, dem Ostalbkreis von Baden-Württemberg, kann man sich der Geschichte aber nur schwer entziehen. Vor allem die Römer sind häufig anzutreffen. 

Nein, nicht die mit grünen Hemden, Stahlwesten und braunen Sandalen, die dümmlich dreinschauen wie bei Asterix und Obelix, sondern vielmehr Reste ihrer Bauwerke. Der Limes-Park Rainau hält gleich ein paar davon bereit. Denn das UNESCO-Welterbe Limes zieht sich auch auf sechs Kilometer durch das Gebiet von Rainau genaugenommen durch die Ortsteile Buch, Schwabsberg und Dalkingen.

Über einen elf Kilometer langen Rundwanderweg sind die verschiedenen Stationen miteinander verbunden. So ein Freilichtmuseum entspricht dann doch mehr unseren Geschmack. Also geht es für meinen Hund und mich auf eine geschichtliche Wanderung. Ein paar Abschnitte der Tour kenne ich bereits. Es gibt mehrere Parkmöglichkeiten, aber ich entscheide mich für die am Bucher Stausee, denn ich würde gerne noch eine größere Runde um den See drehen. Doch als wir ankommen, verwerfe ich die Idee wieder. Es ist Sonntag, bestes Wetter und das bedeutet Hochbetrieb auch im Winter. Alex ist schon zu Beginn etwas angespannt. Also halten wir uns doch an die vorgegebene Strecke.

Alex möchte nur schnell weg. Zwar zieht er nicht vorwärts, aber Freude am Laufen sieht anders aus. Er versucht sich ganz weit nach Außen zu drängen, um dort auf dem Rasen zu verharren. Die Menschen, die die gleiche Richtung einschlagen wie wir, halten sich aber in Grenzen, weshalb ich seine Sorgen nur halb verstehe. Aber nun gut, schnell weiter: Von den Römern oder dem Limes ist hier eh nichts zu sehen.

Das ändert sich nach einigen Metern – denn da stoßen wir auf einen Römer. Direkt an unserer Abzweigung in den kleinen Wald blickt uns ein Kopf aus Holz an. Zu gerne würde ich ein Bild mit Alex schießen, aber der hat schon Kinder gesichtet und will schnell den Weg hinauf. Kaum sind wir etwas zwischen die Bäume getaucht, beruhigt er sich. Es geht nun etwas bergauf zwischen Nadelbäumen entlang. Der Geruch von feuchtem Holz und Tannennadeln steigt mir in die Nase. Es sind nur wenige Meter bis wir wieder aus dem Wäldchen heraustreten. Der Weg geht noch ganz leicht bergauf, aber ich kann bereits über die Felder blicken und einen vereinzelten Baum sehen. Eine Bank und ein Kreuz laden hier wahrscheinlich manch Gläubigen zum Beten ein. Alex und ich haben dafür aber nichts übrig.

Eine gute Wanderung für Orientierungslose?

Der Weg geht leicht bergab. Zu den Feldern und dem Wald gesellt sich bereits in einiger Entfernung Rainau-Dalkingen. Zu unserer Rechten erblicke ich auf einem Berg in weiter Ferne eine Burg. Ich muss mich outen: Ich bin sehr kurzsichtig und kann nur vermuten, dass es Schloss Kapfenburg ist. Bei der Aussicht muss ich verharren genauso wie mein Hund. Allerdings interessiert sich Alex nicht für den Ausblick, sondern er muss checken, wer hier schon so alles lang lief. Und bevor es weiter geht, muss er natürlich seine Visitenkarte hinterlassen.

Zu unserer Rechten taucht ein Brunnen auf. In das Becken aus grauen Backsteinen fließt aus einem kleinen Hahn klares Wasser. Kurz frage ich Geschichtsnerd mich, ob das wohl aus der Römerzeit stammt? Wohl eher nicht. Unser Weg führt uns durch Dalkingen. Auf den Straßen ist es ruhig. Nur auf der Hauptstraße an der wir entlang müssen, fährt ab und zu ein Auto vorbei. Es ist ein nettes Örtchen, aber auf unserer Strecke hält es nichts wirklich Besonderes parat. Nur hinter einer Bushaltestelle entdecke ich zwischen ein paar Bäumen ein historisch aussehendes und leicht heruntergekommenes Gartenpavillon. Doch als ich mir das aus der Nähe anschauen möchte, wirkt es so, als gehöre es zu einem Privatgrundstück. Also unterlasse ich den Versuch.

Kurz nachdem wir die Röhlinger Sechta überquert haben, geht es nach links. „Dank der guten Ausschilderung ist das echt eine gute Wanderung für völlig Orientierungslose“, denke ich. Doch später revidiere ich diese Meinung.

Eine Weggabelung gibt den Blick auf einen Schuppen frei, der zum großen Teil aus Holz besteht. Kiosk 3 steht an seiner Wand. Warum auch immer? Das habe ich bis jetzt noch nicht erfahren können. Statt rechts abzubiegen, wähle ich den linken Weg. Es ist zwar ein kleiner Umweg, der etwas anstrengender ist, aber dafür haben wir das Limestor besser im Blick. Nach einigen hundert Metern und ein paar Abbiegungen kommen wir direkt darauf zu. Der 23 Meter breite, 21 Meter lange und zwischen 7 und 16 Meter hohe Glaskubus wirkt wie ein Fremdkörper in der Natur. Die Scheiben möchte ich nicht putzen.

Ich persönlich stehe ja auf solche Kontraste. Überall zeigt sich die Welt in ihrer schönsten Form mit Feldern, Bäumen, Gebüschen und Blumen und dazwischen so ein modernes, von Menschen gefertigtes Ding. Mancher mag es vielleicht unpassend finden und wundert sich, denn an das römische Reich erinnert es von Weitem nicht die Spur. Erst bei genauerem hinsehen und Näherkommen entdeckt man die Überreste des Tores. Der Glaskubus wurde 2010 errichtet, um das Originalmauerwerk zu schützen.

Der gesamte Limes erstreckt sich zwischen Rhein und Donau, aber so ein Tor gibt es nur in Dalkingen. Zuerst stand hier ein einfacher Wachturm, der später durch ein 15 mal 15 Meter großes Tor ersetzt wurde. Im Jahr 213 nach Christi erhielt dieser einen prunkvollen Triumphbogen als Vorbau. Aber nicht einfach nur so, weil die Römer spinnen, sondern weil ein Besuch des Kaisers Caracallas in Rätien bevorstand. Normalerweise kann das Limestor auch von Innen besichtigt werden, aber mein Hund Alex und ich stehen vor verschlossenen Türen. Es ist nämlich erst ab Ende März wieder geöffnet. Also wandern wir weiter unseres Weges, was Alex wohl kaum bedauern dürfte. Und auch ich muss gestehen, so schade finde ich es nicht.

Die Wegmarkierung verlässt uns

Wir wandern weiter am Auerbach entlang. Kurz hinter dem Parkplatz treffen wir den nächsten hölzernen Römer. Es gibt wie an jeder Station eine Informationstafel und am Pfeiler gegenüber Wegweiser. Doch nicht für uns. Das Schild des Limes-Rundwanderweges zeigt nur in unsere Richtung. Glücklicherweise weiß ich in etwa, wo wir lang müssen, da ich die Gegend etwas kenne. In Rainau-Schwabsberg angekommen, greife ich doch zur Karte. Schließlich will ich die Tour wenigstens zum Teil nachgehen. Also der Rundweg ist doch nichts für Orientierungslose und ohne Karte etwas ungeeignet, es sei denn die Tour wird andersherum gewandert.

Rainau-Schwabsberg ist schon etwas interessanter. Wir passieren eine Holzfabrik und kommen später an einem kleinen alten, roten Haus vorbei. Ein Blick durch die Fenster zeigt einen Raum, der sich fast über das ganze Erdgeschoss erstreckt. Auf einem Schild neben der Tür steht Alte Schule. Wie es wohl war in einem einzigen Klassenraum mit mehreren Kindern die Schulbank zu drücken? Ob es damals noch den Rohrstock gab? Als ich das kleine Haus von unten nach oben betrachte, entdecke ich noch ein kleines Highlight: das Storchennest. Leider ist es gerade unbewohnt. Lange dürfte es nicht mehr dauern bis das Pärchen, das hier in den letzten Jahren wohnte, zurückkehrt. Hoffentlich.

Kurz hinter Schwabsberg gibt es wieder ein paar Informationen. Doch die ignorieren wir gekonnt. Ich erlebe Geschichte lieber, Infotafeln lesen ist mir zu langweilig. Es geht weiter an einem Feld entlang. Auf diesem Abschnitt ist wieder etwas los – das ist vielleicht übertrieben, vor und hinter uns gehen jeweils ein Paar. Ab und zu rauscht noch ein Fahrrad vorbei. Doch vorher hatten wir die Wege für uns allein. Alex behält unsere Mitläufer stets im Auge. Er bewegt zwischendurch immer wieder seinen Kopf von vorn nach hinten, damit er ja mitbekommt falls die anderen aufholen. Die Wildgänse auf dem Feld lässt er wortwörtlich links liegen.

Wir biegen nach links ab und gehen durch einen kleinen Tunnel. Es geht wieder etwas bergauf. Die Sonne, die immer wieder durch die leichte Wolkendecke lugt, wärmt mir das Gesicht. Es ist windstill, aber leider wird die Idylle von ein paar vorüberfahrenden Autos gestört. Kein Wunder wir befinden uns in unmittelbarer Nähe zur Landstraße, die wir bald überqueren müssen. Vorher zeigt uns endlich mal wieder ein Schild die Richtung über einen Weg aus Gras. An dessen Ende stoppt uns ein Steinmal mit der Aufschrift Limes vor der Landstraße. Zwar versuche ich Alex diesen Pfeiler schmackhaft zu machen, aber keine Chance. Also wandern wir hinüber zum Mahdholz.

Gleich die erste wäldliche Abzweigung ist unsere. Wieder steigt mir der Duft von feuchtem Holz und Tannennadeln in die Nase. Ein bisschen pickt es, weil es zwischen den Bäumen doch um einiges kälter ist. Auf dem Boden sind sogar noch ein paar fest getretene und gefrorene Schneereste. Beim Blick zwischen die Nadelbäume kriege ich einen kleinen Schauer. Es wirkt etwas unheimlich. Die Äste und Tannennadeln sind so dicht beieinander, dass kein Sonnenstrahl den dunklen Boden erreicht. Hänsel und Gretel kommen mir in den Sinn. Doch bei der nächsten Abzweigung verschwinden die beiden und auch die böse Hexe wieder aus meinem Kopf und die Römer machen sich breit.

Wir wandern direkt auf die drei Meter hohe Limesmauer zu. Die dunkelgrauen und braunen Steine wirken irgendwie fremd und passen sich doch hervorragend an das dunkle grün der Nadelbäume an. Direkt daneben befinden sich die Grundmauern des Limesturms. Sie sind allerdings so niedrig, dass sie nicht mehr an einen klassischen Turm erinnern. Alex springt problemlos hinauf, um die Steine genauer zu inspizieren. Kurz darauf treten wir zwischen den Nadelbäumen hervor und blicken auf einen Holzturm. Dabei handelt es sich um eine Rekonstruktion des ursprünglichen Turmes, der um 165 nach Christi erbaut wurde. Bei dem Anblick fällt es mir irgendwie schwer mich in die Römerzeit zu versetzen. Er sieht im Vergleich zur Limesmauer einfach zu „neu“ aus.

Raser drängen uns in den Matsch

Unsere Wanderung geht weiter auf einen kleinen schmalen Pfad, der sich ganz dicht am Waldrand entlang schlängelt. Laubbäume haben nun die Tannen (vielleicht sind es auch Fichten, meine Botanikkenntnisse haben sich leider noch nicht verbessert) ersetzt und zu unserer Linken lassen sie uns eine Weile auf Rainau-Buch blicken, bevor wir wieder im Wald versinken. Es geht ein kurzes Stück recht steil bergab. Auch diesen Abschnitt sind wir schon gewandert. Normalerweise findet Alex ihn total spannend, da hier viele Hunde spazieren gehen, aber heute nicht. Er möchte einfach nur entspannt vorwärtsgehen. Kurz tauchen wir zwischen den Bäumen (wieder Nadelbäume) auf einer Wiese auf. Es sind nur ein paar wenige Schritte unter freiem Himmel, dann sind auch schon wieder Äste über unseren Köpfen. Kurz halten wir zuvor bei der kleinen Brücke an, die über den Strütbach führt. Da Alex aber nichts trinken möchte, geht es weiter – wieder bergauf. Kaum sind wir in den Wald eingetaucht, spuckt er uns wieder aus.

Meine Karte habe ich inzwischen ganz im Rucksack verstaut und entscheide mich von dem Rundweg abzuweichen. Schließlich vermute ich nichts Spannendes und die normale Strecke wäre länger. Kurze Zeit später bereue ich die Entscheidung. Nein ganz so schlimm ist es nicht, aber wir gehen nun direkt an einer Landstraße entlang ohne Fußweg. Mit meiner Annahme, dass sie nur wenig befahren ist, liege ich zwar richtig, aber dafür heizen die Leute, was das Zeug hält. Also müssen Alex und ich in den Matsch ausweichen auf ein Feld. Die eigentliche Streckenführung gesellt sich erst später in Form eines Feldweges zu uns.

Nun sind wir wieder in Rainau-Buch. Wir passieren einmal die Hauptstraße und wandern ein Stück durch Buch hindurch. Dann führt uns der Weg nach links. Statt Häusern sind schon bald wieder Wiesen neben uns und ein Bächlein. Noch einmal durch einen Tunnel hindurch und schon kann man den Bucher Stausee erahnen. Schilder sind wieder Mangelware. Aber ich weiß den Weg. Eigentlich gibt es hier auch noch zwei Römer Stationen: das Kastell und das Römerbad.

Über die Hecke erhasche ich einen kleinen Blick auf die in den Boden liegenden Steine des Kastells. Für mich Banausen ist der Grundriss des Stabsgebäudes unspektakulär, auch wenn es hier früher sicherlich alles andere als Langweilig war. Schließlich waren in dem Kastell an die 500 Soldaten stationiert, um die Reichsgrenze und eine Fernstraße zu bewachen.

Das Römerbad lassen wir aus, weil Alex den Eindruck macht, als wolle er hier nicht mehr verweilen. Je näher wir dem Stausee kommen, umso mehr Menschen treffen wir. Und es sind dieses Mal nicht nur eine handvoll wie zu unserem Wanderstart. Also noch schnell über die Brücke, am See entlang und ab ins Auto.

Tipps

  • Wer sich mit Hinweisschildern sicherer fühlt, sollte die Wandertour andersherum gehen: also von Buch über Schwabsberg nach Dalkingen und wieder nach Buch.
  • Ein Rundgang um den Bucher Stausee ist auch sehr schön. Allerdings dürfen Hunde während der Badesaison bestimmte Abschnitte des Weges nicht betreten. Ebenso wenig ist in dieser Zeit eine hündische Erfrischung im See erwünscht.
  • Beim Limestor gibt es auch einen kleineren Parkplatz. Genauso wie beim Mahdholz, doch in der Nähe des Turms darf man nur zwei Stunden mit Parkscheibe parken. Die Tour dauert aber in etwa 2,5 Stunden.
  • Am Bucher Stausee gibt es den Leuchtturm, nein keinen wie an der Nordsee, sondern eher einem Kiosk ähnlich. Dieser hat auch zum Teil im Winter auf. Zur Aufwärmung wird dann unter anderem Glühwein eingeschenkt. Einkehrmöglichkeiten gibt es auch in den Ortsteilen wie zum Beispiel beim Goldenen Lamm in Schwabsberg oder in dem Gasthof Kreuz in Buch.
  • Weitere Informationen sowie die Öffnungszeiten des Limestors gibt es unter www.rainau.de

Eine Zusammenfassung aller Tourinfos findet Ihr unter „Wandertour mit Hund: Limes-Rundwanderweg in Rainau“.

Was haltet Ihr von geschichtlichen Wandertouren? Könnt Ihr welche empfehlen oder wart Ihr sogar schon einmal im Limes-Park Rainau unterwegs?

Schreibe einen Kommentar

Navigate
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner