Eine Mischung aus Wolken und Sonne – das perfekte Wanderwetter. Auf dem Parkplatz steht ein einsames Auto. Mein Hund Alex steigt etwas zögerlich hinaus. Ein neuer Ort und direkt an der Landstraße, das scheint ihm nicht ganz geheuer. Nur wenige Meter und wir sind direkt an dem Wilhelmsthaler See im Thüringer Wald. Einfach die Straße überqueren und wir kommen auf eine kleine, metallene Brücke, die uns auf die Blumeninsel des Schlossparks Wilhelmsthal führt. Das Wasser rauscht und Alex wirkt immer noch etwas unsicher, aber nicht wegen der Gitterstreben.
Es ist wärmer als gedacht. Sommerliche Temperaturen, die noch auf über 20 Grad steigen, und dabei hat der Frühling erst angefangen. Ich blicke über das Wasser und über die Wiesen hinüber zu dem Wilhelmsthaler Schloss. Die Schlossanlage besteht aus barocken und klassizistischen Pavillons, die nach und nach errichtet wurden. Darunter befinden sich heute unter anderem das Alte Schloss, das Prinzessinnen- und das Prinzenhaus, der Littmannbau (Neue Schloss), die Remise, der Prinzengang, der Marstall sowie das Kavaliershaus. Im 16./17. Jahrhundert wurde das Wilhelmsthaler Schloss als Jagdquartier genutzt. Erst vom Eisenacher Herzog Johann I. später wurde es der Sommersitz des Großherzogs Carl August und dann des Großherzogs Carl Alexanders. Es diente als Sommerbühne des Weimarer Hofes und im Zweiten Weltkrieg als Lazarette, wie ich über Infotafeln und später über die Webseite des Schlosses erfahre.
Wandern mit Hund: Abbrechen oder weitergehen?
Auf den breiten Wegen laufen ein paar Menschen gut verteilt durch den Schlosspark, aber Alex bleibt skeptisch. Er will nur ungern voran. In mir steigt etwas Frust auf: Mein einziger freier Tag diese Woche. Ich wollte uns beiden etwas Gutes tun und jetzt will Herr Hund nicht mitwandern. Ich habe keine Ahnung, wieso. Schließlich spazieren die paar Menschen alle einige Meter entfernt von uns. Ich atme tief ein und aus. Es wäre nicht fair, wenn ich mich aufrege und ihn mitschleife. Also, was tun? Soll ich die Wanderung mit Hund abbrechen, schon bevor sie richtig begonnen hat? Nein. Die 30-minütige Fahrt war nicht umsonst. Aber wenn es für Alex nicht angenehmer wird, bleibt mir nichts anderes übrig. Jetzt gilt jedoch erst einmal, abwarten und noch ein paar Meter weiterwandern.
Hinweis: Die Wanderung fand im Frühjahr 2023 statt und der Text entstand kurz darauf, der Großteil der Fotos stammt aber aus 2024.
Alex will zum Bach und sich hinter einem Baum verstecken, denn weiter vorne taucht ein Mountainbike auf. Noch wissen wir nicht, ob es in unsere Richtung fährt. Mein Hund hat allerdings wahnsinnige Angst vor Fahrrädern. Unser Hundetraining hat da nichts genützt. Zumal verschiedene Situationen seine Angst zusätzlich verstärkt haben. Einmal bekam Alex einen Stromschlag von einem Weidezaun, als ein Fahrrad vorbeifuhr. Andere Male kippten Fahrräder direkt vor oder hinter uns um.
Ich lasse ihn ausweichen und begebe mich mit ihm ein Stück auf das hellgrün leuchtende Gras. Das Fahrrad kommt in unsere Richtung und ich stelle mich schützend vor meinen Mischlingshund. So schnell wie die Situation kam, so schnell endet sie wieder. Alex schaut dem Ungeheuer noch hinterher, bevor er etwas widerwillig seine langen, stelzenartigen Hundebeine in Bewegung setzt. Doch die Wandertour abbrechen? Schon gehen seine Pfoten etwas flotter voran. Noch schnell über die Straße auf einen breiten Schotterweg. Da kann er bereits die Anspannung fallen lassen und an einem Grashalm schnuppern. Also, es klappt doch.
Kultur beim Wilhelmsthaler Schloss in Thüringen
Wir wandern weiter vorbei an dem Waldhaus. Die Terrasse sieht nett aus. Scheinbar wird hier heute noch gefeiert. Darauf deuten zumindest die Luftballons hin, die durch die Luft tanzen. Auf jeden Fall kann es für Feiern gebucht werden und es kann darin auch übernachtet werden. Der Verein Kulturgut Wilhelmsthal nutzt es außerdem für verschiedene Veranstaltungen wie Konzerte und Lesungen, solange die Umbauarbeiten im Schloss noch andauern.
Wir wandern vorbei an den Fachwerkhäusern. Hinter dem Zaun entdecke ich einen Hund, der freudig mit der Rute wedelt. Ungewöhnlich. Normalerweise erlebe ich es immer, dass die Hunde hinter dem Gartenzaun wie wild bellen. Dieses Exemplar sieht nicht so aus, als würde er uns vertreiben wollen. Er hätte es scheinbar sogar lieber, wenn wir hereinkämen. Aber das will Alex vermutlich nicht und der Hausbesitzer freut sich sicherlich ebenso wenig über unbekannte, spontane Besucher.
Über den breiten Schotterweg tragen uns unsere Pfoten und Füße in den Thüringer Wald. Er führt leicht bergauf. Normalerweise ziehe ich schmale, naturnahe Pfade vor, aber dieses Mal freue ich mich über den breiten, einfachen Wanderweg. Leute sind hier zum Glück keine mehr. So können mein Hund und ich die Ruhe sowie die Natur genießen. Noch zeigt nicht jeder Baum seine volle Kronenpracht, aber das Grün der Blätter prägt bereits den Thüringer Wald nahe der Stadt Eisenach. Zwischen den Grashalmen sprießen gelbe Tupfen hervor: Die Butterblumen blühen, wenn ich mich nicht irre. Wir schlendern vor uns hin und Alex interessiert sich mittlerweile doch dafür, die neue Umgebung zu erkunden, indem er seine Hundenase zwischen die Zweige, Halme und Blätter steckt.
Rücksichtsvoller Hundehalter Voraus
Weiter vorne entdecke ich einen großen, hellen Hund – ohne Leine. Nicht gerade meine Lieblingssituation. Seitdem Alex in jungen Jahren mehrfach angegriffen wurde, verträgt er sich nicht mehr mit jedem Hund. Wenn einer angestürmt kommt, fährt er schnell die Pfoten aus und zeigt Zähne. Bei mir haben die Hundeattacken ebenfalls Spuren hinterlassen. Was tun? Ich bleibe stehen, wickele die Schleppleine langsam auf und positioniere Alex hinter mir. Nun heißt es, abwarten.
Der Hundebesitzer verhält sich rücksichtsvoll und versteht es. Noch in der Ferne holt er seinen Hund zu sich heran. Der will erst nicht, aber es klappt noch mehr als rechtzeitig. Wir können somit weiter wandern. Als wir auf der Höhe des anderen Mensch-Hund-Teams ankommen, fragt der Mann nach. Sein Hund würde nichts machen. „Meiner manchmal schon“, entgegne ich. „Ja, aber man muss den Hund ja auch zu anderen lassen“, antwortet er. Sofort bin ich genervt. Solche Unterhaltungen habe ich schon so oft geführt. Ja, ein Hund sollte möglichst Sozialkontakte haben, aber WIR entscheiden, wann und mit wem.
Hund im Gepäck – Das Magazin
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Alex möchte sich den Artgenossen genauer anschauen. Der Mann erlaubt es und ich lasse es zögernd zu. Beide bleiben dabei an der Leine. Viele schreien jetzt vermutlich auf: „Kein Kontakt an der Leine!“ Natürlich gibt es einige gute Gründe, die gegen einen Kontakt an der Hundeleine sprechen. Insbesondere weil die Hunde sich dann nicht so frei bewegen, verhalten und annähern können, wie nötig. Aber genau das gibt Alex und mir etwas Halt. Ein Kontakt an der Hundeleine erfolgt bei uns immer ruhig und langsam. Anspringende, aufdringliche Hunde haben so keine Chance. Das findet Alex sehr beruhigend, denn er mag es lieber, wenn sich sein Gegenüber eben langsam nähert. Genauso wie sich ein respektvoller, freundlicher Hund eben verhält. Aufeinander zustürmen gilt unter sich fremden Hunden hingegen als respektlos und unverschämt. Deshalb entstehen dadurch schneller Konflikte.
Außerdem ist Alex weitaus entspannter, wenn er an der Leine einen Hund kennenlernen kann. Ich denke, dass er weiß, dass ihm so nichts passiert, weil sowohl ich als auch der andere Hundehalter schnell eingreifen können. Natürlich funktioniert das nicht für jederhund (für manche eignet sich besser der Grundsatz „Kein Kontakt an der Leine“), aber für uns.
Alex beschnuppert den Golden-Retriever-artigen Hund ausgiebig. Erst kurz an die Schnauze und dann streckt er seine dicke, schwarze Hundenase ans Hinterteil sowie Gemächt. Allerdings lässt mein Mischlingshund mal wieder nicht zu, dass sein Artgenosse das Gleiche bei ihm macht. Alex knurrt und schnappt in die Luft. So wehrt er den Versuch ab. Ich will schon einschreiten, da sagt der Mann: „Alles in Ordnung. Das darf er.“ Aha, interessant, denke ich. Der Fremde scheint doch nicht zu den ahnungslosen Hundebesitzern zu gehören. Wir kommen ins Gespräch. Natürlich folgen einige Standardfragen, wie: „Kommt Ihr Hund (Alex) aus dem Tierschutz?“ Ich erzähle kurz Alex Geschichte: Ich habe ihn aus einem deutschen Tierheim, er kommt aber aus Rumänien. Daraufhin folgt die Frage, die ich am meisten hasse. „Wie lange haben Sie ihn schon?“ Wie immer druckse ich herum und gebe eine schwammige Antwort: „Schon länger.“
Unangenehme Fragen bei Hundebegegnungen
Ich mag die Frage nicht, weil ich immer das Gefühl habe, verurteilt zu werden. Wenn die Leute hören, wie lange Alex schon bei mir lebt, bekomme ich immer einen leicht entsetzten Blick zugeworfen. Dadurch bekomme ich das Gefühl, versagt zu haben. Schließlich hat mein Mischlingshund Alex nach all den Jahren immer noch große Angst. Natürlich weiß ich, dass ich einiges falsch gemacht habe. Trotzdem wäre seine Angst so oder so groß geblieben, denn er ist nicht-sozialisiert und die Angst liegt ihm vermutlich in den Genen. Im Gegensatz zu anderen fürchtet er sich dadurch nicht nur vor bestimmten Situationen, Dingen oder Menschen, sondern vor allem, was er nicht kennt. Manches bereitet ihm nach wie vor riesengroße Angst, obwohl wir schon intensiv daran gearbeitet haben und er positive Erfahrungen gemacht hat.
Kinder sind zum Beispiel sein absoluter Graus. Ja, an ein bestimmtes Kind kann er sich gewöhnen. Wie vor einigen Jahren meine Nichte bewiesen hat, lässt er sich dann von manch Kind sogar streicheln, aber der nächste unbekannte menschliche Knirps jagt ihn wieder in Flucht. Er überträgt die positiven Erlebnisse also nicht von einem Kind auf andere. Ähnlich verhält es sich mit Fahrrädern. Das liegt vermutlich daran, dass er in der Tötung geboren wurde und somit in der prägenden Phase während der ersten Lebensmonate KEINE Erfahrungen gemacht hat. Das kann viel schlimmer wirken als schlechte Erfahrungen. Während positive Erfahrungen schlechte „überschreiben“ können (vereinfacht formuliert), können ungemachte Erfahrungen nicht nachgeholt werden. (Mehr zum Thema Angst bei Hunden erfährst Du in der ersten Miniausgabe von „Hund im Gepäck – Das Magazin“.)
Hinzu kommen die Gene. Eine ängstliche Hündin kann die Angst vererben (ebenfalls vereinfacht) – das kommt bei uns Menschen ebenfalls vor. Ich weiß das, aber genauso weiß ich, dass viele davon und insgesamt vom Thema Angst bei Hunden keine Ahnung haben. Dann bekomme ich eben diesen mitleidigen, entsetzten Blick und manchmal sogar ein „OH“. Mir sollte es egal sein, aber irgendwie scheinen trotz meines Wissens Schuldgefühle vorhanden zu sein.
Also weiche ich der Frage gerne aus und verfalle in Rechtfertigung, indem ich Alex Geschichte erzähle und dass er ALLES lernen musste. Es sprudelt nur so aus mir heraus, dass ich meinen Mischlingshund anfangs nicht anfassen konnte und dass Straßen, Autos, Fahrräder, Häuser und mehr ihm genauso fremd waren wie Spazierengehen. Der Mann wiegelt mich aber schnell ab. Wie sich herausstellt, engagiert er sich im Tierschutz und weiß, wie speziell manche der Auslandshunde sein können. Ein lautes Plopp ertönt. Allerdings kann nur ich es hören, denn das war der Stein, der von meinem Herzen fiel.
Von unmöglichen Hundehaltern
Der Mann erzählt mir noch ein paar unschöne Dinge aus Bulgarien und dass in Ilmenau Giftköder ausgelegt wurden (das Gespräch war im April 2023). Wie er, kann ich das Verhalten mancher Menschen nicht fassen. „Ich kann ja verstehen, dass sich manche über Hunde aufregen. Dabei sind nicht sie das Problem, sondern der Mensch. Der räumt beispielsweise die Haufen nicht weg. Warum müssen die Idioten ihre Wut an den Hunden auslassen, anstatt sich an die Halter zu wenden“, sagt er sinngemäß.
Aber wir beide wissen, dass einige Hundehalter sich einfach nur unmöglich, respekt- und rücksichtslos verhalten. Selbst wenn sie gebeten werden, den Hundehaufen wegzuräumen, was schon allein vom Gesetz her ihre Pflicht ist, werden sie mehr als unfreundlich. Ähnlich verhält es sich mit den unangeleinten Hunden, die zu jedem Menschen oder Tier ungefragt, unkontrolliert hinrennen. Das Fehlverhalten dieser Hundemenschen geht zum Leid der Hunde und anständigen Hundehalter. Was soll man da machen? Wir haben keine Lösung. Nach ein paar weiteren Worten verabschieden wir uns. Alex und ich wandern weiter Richtung Campingplatz.
Der Campingpark Eisenach liegt im Thüringer Wald. In der Mitte befindet sich ein kleiner See, der Altenburger Teich. Der Rundweg führt uns einmal herum. Schilder warnen: Kein öffentlicher Badesee. Hunde dürfen nicht hinein. Die Wärme lässt Alex ganz schön hecheln. Deshalb erlaube ich ihm, am Rand seine Zunge mehrfach ins Wasser gleiten zu lassen. Die beiden Schilder habe ich erst später gesehen.
Leider musste ich mich einmal nicht regelkonform verhalten: Schließlich will ich nicht, dass mein Hund verdurstet. Ich habe nämlich blöderweise das Trinken für ihn vergessen. Ansonsten halte ich mich aber an die Regel: Alex Schleppleine halte ich kurz und ich lasse ihn zu keinem der kleinen Camping-Parzellen. An Wohnwagen pinkeln ist natürlich tabu. Außerdem grüße ich freundlich. Vielleicht regt sich deshalb auch keiner darüber auf, dass Alex kurz seine Pfoten kühlt und aus dem See schlabbert. Das sollte aber natürlich keine Selbstverständlichkeit sein. Nächstes Mal nehme ich Wasser mit!
Wandern mit Hund im Thüringer Wald
Wir kommen wieder auf den breiten Rundweg, der nach wie vor aus Sand und vielen kleinen Steinchen besteht. Links und rechts stehen keine Wohnwagen mehr, sondern wieder zahlreiche hochgewachsene Laubbäume. Ein kleiner Wasserlauf samt Tümpel taucht auf und Alex kühlt erneut seine Hundepfoten. Außerdem versucht er, sich hinter einem Baumstamm zu verstecken, weil zwei Fahrradfahrer vorbeisausen. Seine Rute zieht er zu seinen Hinterbeinen: Eine kurze ängstliche Anspannung. Es dauert nur wenige Sekunden, schon kann er wieder mit der Rute wackeln und schnüffeln.
Zwischen den Bäumen befinden sich mehrstöckige Gebäude. Was das wohl ist? Sieht aus wie eine Schule, die leer steht. Ein Schnauben mischt sich zwischen das Zwitschern der Vögel. Ein Pferd schlendert über das Gras. Daneben erstreckt sich ein großes Areal mit mehreren Gebäuden. Sie sehen aber alle mehr oder weniger verlassen aus. Spannend. Kurz frage ich mich, ob ich mich nicht einmal im Vorfeld informieren sollte, was es in dem jeweiligen Wandergebiet zu entdecken gibt, aber verwerfe den Gedanken gleich wieder. Ich bin eben eher spontan und etwas chaotisch. Wie ich später erfahre, diente ein Teil des Wilhelmsthaler Schlosses in Thüringen ab 1947 tatsächlich als Kinderdorf und später als Ferienlager. Ob es aber genau dieser Bereich war, erfahre ich nicht.
Das Wilhelmsthaler Schloss wurde auf vielfältige Weise genutzt. Ab 1992 stand es allerdings viele Jahre lang leer und verfiel. Seit 2009 gehört es zur Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, die sich um den Erhalt kümmert. Mittlerweile gibt es regelmäßig Führungen durch die Park- sowie Schlossanlage und weitere Veranstaltungen. Im Telemannsaal von 1718 finden immer mal wieder Konzerte statt, fast wie früher. Er gilt als Prachtstück des barocken Schlosses. Es soll der älteste freistehende Konzertsaal Europas sein, in dem früher die Eisenacher Hofkapelle auftrat.
Ein Wohntraum im Thüringer Wald
Nach ein paar Kurven taucht erst die ehemalige fürstliche Baumschule auf und dahinter ein schönes Fachwerkhaus im alpenländischen Stil auf, das 1802 aus Buchenholz gezimmert wurde. Hier wollen früher die niederen Bediensteten und später der Gartenaufseher gewohnt haben. Jetzt ist es in Privatbesitz. Wundervoll gelegen mitten im Thüringer Wald. Ich finde es traumhaft, aber hier zu wohnen wäre dann wohl doch nichts für mich. Zwar habe ich gerne meine Ruhe, aber das wäre mir doch zu einsam. Bei gutem Wetter wechselt das Wilhelmsthal in Thüringen ins Gegenteil: Vermutlich sparzieren hier dann viele Leute entlang. Schließlich befindet sich nicht weit die Stadt Eisenach, die nicht nur wegen der Wartburg zahlreiche Besucher anlockt, sondern unter anderem auch wegen des schönen, abwechslungsreichen Wandergebietes drumherum.
Auf der anderen Hausseite führt der Wanderweg an einem Bachlauf vorbei. Alex trabt hinunter, um noch einmal seine Pfoten zu kühlen. Da Hunde nicht so wie wir Menschen schwitzen können, regulieren sie hauptsächlich über das Hecheln und etwas über die Pfoten ihre Körpertemperatur. Das Wasser rauscht, die Vögel zwitschern und Alex beschnüffelt interessiert die Gegend. So könnte es doch immer sein, oder nicht? Vielleicht würde man das dann aber irgendwann nicht mehr richtig zu schätzen wissen?
Unsere Füße und Pfoten tragen uns weiter über den Schotter. Zu dem Fachwerkhaus gehört ein Hund, der bellend am Zaun entlangläuft. „Wir wollen gar nichts von Dir und Deinem Zuhause. Alles gut“, sage ich zu ihm. Kurz hält er inne. Dann möchte er doch noch einmal mit Nachdruck sagen, dass wir verschwinden sollen. Das tun wir auch. Nur noch ein Blick hinunter zum Bachlauf und auf den kleinen Wasserfall.
Kurze Auszeit mit Hund am Wilhelmsthaler See
Einige Meter weiter und wir sind zurück am Wilhelmsthaler See. Es soll der älteste fürstliche Stausee in Deutschland sein, der um 1710 angelegt wurde. Auf einer Bank legen wir eine Pause ein. Alex legt sich sogar ins Gras. Natürlich bleibt der Wachhundmodus an: Kopf hoch, seine gespitzten Ohren zucken zwischendurch nach hinten, sein Blick wandert über die Wiesen. Bei jeder Bewegung verharrt er so lange, bis er für sich geklärt hat, ob Gefahr droht oder nicht. Insgesamt wirkt er aber recht entspannt. Die Sonnenstrahlen wärmen meine Wangen und ich genieße einfach den Moment. Mein Blick schweift über das Wasser und den Schlosspark, der im 19. Jahrhundert nach Plänen von Hermann Fürst von Pückler-Muskau ein letztes Mal umgestaltet wurde. Trotz der vorbeifahrenden Autos auf der anderen Seeseite finde ich es schön und wahnsinnig beruhigend. Es fühlt sich an, als wären mein Hund und ich im Urlaub. Herrlich!
Wir können hier nicht ewig bleiben, also wandern wir weiter. Ich liebe das Wasser und die teils heruntergekommenen Gebäude des Wilhelmsthaler Schlosses finde ich ebenfalls faszinierend. Kurz überlege ich, näher heranzugehen, aber für Alex war es jetzt genug. Ein anderes Mal. Uns kommen ein Mann und eine Frau samt Hund entgegen. Sie weichen auf die Wiese aus und ich schließe daraus, dass auch sie keinen Kontakt wollen.
Ein Stück dahinter kommt noch ein Mann mit Hund. Natürlich ohne Leine. Ich bleibe stehen. Was tun? Soll ich etwas sagen oder einfach wie vorhin stehen bleiben und warten. Ich entscheide mich für Letzteres, aber im Gegensatz zu dem Hundebesitzer von vorhin macht dieser keine Anstalten, seinen Hund anzuleinen. Im Schlosspark gilt aber Leinenpflicht. Ich schaue den Hund an. Mit dem könnte es Ärger geben, aber mein Gefühl sagt mir, dass er nicht zu uns kommt. Trotzdem könnte der Mann allein aus Respekt seinen Hund heranholen, wie ich finde. Ich weiche ein Stück auf die Wiese aus. Nicht zu weit, denn da drückt der andere angeleinte Hund die Pfoten und Nase ins Gras.
Zu hektisch, zu unsicher, zu nervös für den Hund
Wir kommen problemlos vorbei. Fotostopp an einer Bank und weiter. Doch Alex Muskeln spannen sich wieder an. Fahrräder auf zehn vor zwölf. Wir gehen wieder ein Stück auf die Wiese. Ich zaudere, wie ich mich verhalten soll. Alex will wegrennen. Deshalb spannt sich die Hundeleine. Da ich aber nicht weiß, auf welcher Seite von uns die Leute vorbeifahren wollen, können wir auf dem kleinen Grasstück im Schlosspark nicht noch mehr Platz machen. Ich versuche, Alex zu stoppen, aber er reagiert nicht. Ich tippe ihn an und bringe mich recht ungeschickt vor ihn. Eigentlich will ich Alex damit vermitteln, dass ich ihn beschütze. Doch dieses Mal scheitere ich. Zu hektisch, zu unsicher, zu nervös. Meine Energie passt absolut nicht, sodass ich ihm keine Sicherheit geben kann. Blöd!
Natürlich überleben wir diese Situation, aber sie lässt mich nicht los. Ich denke über mein Fehlverhalten nach und frage mich, wieso es nicht funktioniert hat? So richtig komme ich zu keiner Lösung für das nächste Mal. Erst lenkt mich eine Infotafel ab und dann der Mann mit dem unangeleinten Hund, der plötzlich hinter uns auftaucht.
Wir befinden uns mittlerweile wieder direkt an der Landstraße. Auf dem kleinen Wegstück können wir nicht genügend Platz machen. Also gehe ich weiter, um Alex zügig ins Auto zu bringen. Der Mann hat hinter uns geparkt und schaut mich noch eine ganze Weile an. Ob er über mein Fehlverhalten nachdenkt? Es wirkt fast so, als wollte er etwas sagen. Tut er aber nicht. Als er fährt, lese ich auf seinem Auto, dass er scheinbar eine Hundebetreuung hat. Vielleicht hat er überlegt, mir ungefragt Tipps zu geben? Zum Glück tat er das nicht. Ich schiebe die Gedanken beiseite und bin dankbar für diese schöne Wanderung mit Hund und den erholsamen Kurzurlaub. Beschwingt fahren wir heim.