Seit über drei Jahren wohnen Alex und ich schon in Baden Württemberg und wir waren noch nie am Bodensee – bis jetzt. Schnell hatte ich einen Campingplatz direkt am See gefunden und kurzerhand ein Plätzchen gebucht. Die Vorfreude war groß: Endlich mal wieder etwas Neues sehen und zelten mit Hund. Leider kam es anders als erhofft…
Am späten Sonntagnachmittag erreichen wir den Campingplatz Iriswiese bei Kressbronn. Das Einchecken klappt problemlos und wir bekommen einen Platz mit Auto auf der Zeltwiese. Schon beim Aufbau meines Zeltes denke ich, dass es die Tage darin ganz schön heiß werden könnte, weil die Sonne direkt darauf scheint. Kurz überlege ich einen anderen Platz zu beziehen, aber mir wurde ja nun einmal dieser zugewiesen und ich bin zu faul, wieder zur Rezeption zu gehen (das war ein Fehler, wie ich später bemerke).
Alex ist etwas aufgeregt und schaut mir beim Zeltaufbau zu. Schnell haben wir uns eingerichtet und so kann es direkt an den Bodensee gehen. Am Campingplatz gibt es eine Slipanlage und ein Stück links davon dürfen Hunde ins Wasser. Es ist ein kleiner Abschnitt, der komplett aus Steinen besteht. Wir lassen uns direkt am Ufer nieder und blicken über einen Teil des rund 571 Quadratkilometer großen Sees. Der Bodensee ist übrigens das größte Binnengewässer Deutschlands und der größte Trinkwasserspeicher Europas. Bei dem klaren Wasser verwundert die Trinkqualität nicht.
Nicht zu weit vom Ufer weg!
Alex sind die Wellen aber nicht geheuer und er verkrümelt sich etwas weiter hinten. Wellen kennt er eigentlich von unseren Meerbesuchen, aber hier klatschen sie immer wieder gegen die Steine, was ihm sichtlich Unbehagen bereitet. Irgendwann traut er sich doch näher zu mir. Ins Wasser bekomme ich ihn aber nur ganz kurz zum Pfotenkühlen. Auf den Steinen findet er nur schwer Halt und stakst recht unsicher durch den See.
Das Wasser ist frisch und obwohl ich normalerweise nicht so das Problem damit habe, brauche ich etwas, um ganz darin einzutauchen. Aber dann ist es herrlich. Wasser ist ja mein Element! Ich bleibe in Ufernähe, wegen Alex und weil ich weder die 14 Kilometer rüber in die Schweiz noch die Länge des Bodensees (etwa 63 Kilometer) schwimmen könnte. Das ist auch nicht sehr empfehlenswert: Denn es fahren erstens einige Boote sowie eine Fähre über den See und andererseits können Strudel und Unterwasserströmungen einen überraschen.
Ich ziehe ein paar Bahnen. Dann drehe ich mich auf den Rücken, lasse los und treibe vor mich hin. Ein Gefühl von Leichtigkeit und Freiheit macht sich breit. Ich liebe das einfach! Da die Ohren unter Wasser sind, höre ich das Wasser lauter rauschen und dann auf einmal ein gedämpftes Bellen. Ich schrecke hoch. Alex versucht unseren Platz vor Eindringlingen zu verteidigen. Also ist der Glücksmoment leider vorbei und ich begebe mich zu ihm ans Ufer.
Später: Zurück am Zelt möchte ich mit Pizza und einem Alster (süddeutsch Radler) den Abend genießen. Doch das ist nahezu unmöglich. Alex und ich werden angegriffen. Ein Mückenschwadron hat uns völlig eingehüllt. Glücklicherweise habe ich ausnahmsweise Antimückenspray dabei. Es hilft aber nur bedingt: Trotzdem muss ich an die fünf Blutsauger abwehren. Die bescheidene Wirkung hält auch nicht lange an, sodass es schnell wieder über 20 sind. Alex geht es nicht besser: Er kämpft, was das Zeug hält und als versierter Fliegenfänger macht er zahlreichen Mücken den Gar aus. Doch er hat keine Chance – es sind einfach zu viele. Also schnell aufessen und eine Runde drehen. Schließlich läuft die Dog Walk Challenge bei Facebook und wir müssen Kilometer sammeln.
Pfoten kühlen am Nordufer
Wir verlassen den Campingplatz und schlendern Richtung Kressbronn, eines der größten Obstanbaugebiete Deutschlands. An der alten Bodan-Werft, die zur Flaniermeile umfunktioniert wurde, legen wir ein kleines Hundefotoshooting ein. Ich freue mich wie Bolle, dass Alex sich mal als Model hergibt und so ruhig an den von mir gewünschten Plätzen verharrt. Noch ein bisschen die Aussicht auf die Berge und den See genießen – weiter geht unsere Erkundungstour.
In der baden-württembergischen Gemeinde Kressbronn ist fast nichts mehr los. Die Sonne geht langsam unter und eine leichte Brise streift über meine Haut. Herrlich. Wir gelangen an eine kleine „Grünanlage“ mit Wasserzugang, direkt am Nordufer des Bodensees. Pfoten und Füße kühlen, ist angesagt. Die Luft, die Ruhe und die Aussicht sind einfach wunderbar. So kann Frau das Leben genießen. Beschwingt machen wir uns nach einer Weile auf den Rückweg, während uns das Quaken der Kröten lautstark begleitet. „Was für ein wundervoller Abend“, denke ich.
Die Nacht ist eher unruhig für mich, aber in Ordnung. Am Morgen stelle ich blöderweise fest, dass sich mein Handy ins schweizerische Netz eingewählt hat. Auf Nachfrage erfahre ich, dass die Schweiz nicht mehr mit meinem Tarif abgedeckt ist. Die O2-Mitarbeiterin empfiehlt mir: „Am besten schalten sie das Handy aus.“ Shit! WLAN erhalte ich nur rund um das Hauptgebäude des Campingplatzes, aber eigentlich müsste ich einige Anrufe tätigen und natürlich unsere Kilometer aufzeichnen. Verdammt: Meine Freude ist getrübt. Die Mücken greifen auch schon wieder an und so begeben wir uns in ein Wäldchen, das sich gegenüber des Campingplatzes befindet. Doch auch da sind wir vor den Viechern nicht sicher. Also wieder ab nach Kressbronn zu der Wasserstelle.
Es ist mittlerweile recht warm und ich sehne mich nach der Erfrischung für die Füße. Alex trottet nur so neben mir her und ist alles andere als begeistert. „Gleich machen wir eine Pause und es gibt eine Erfrischung für Dich“, versuche ich ihn zu motivieren. Am See angekommen, schwindet meine Vorfreude: Eine Kindergartengruppe hat sich dort niedergelassen und Alex hat wahnsinnige Angst vor Kindern (ich stehe auch nicht drauf). Aber wir brauchen eine Pause. Also setzen wir uns ans Wasser. Trotz dem Gekreische und Getobe trinkt Alex in Ruhe und legt sich neben mich. Ein Junge kommt ihm beim Rennen aber zu Nahe, sodass er mit lautem Gebell nach vorne schießt. Zum Glück bleibt der Junge cool! Schnell entschuldige ich mich und nehme Alex wieder zu mir.
Der Frust geht weiter
Das läuft ja alles super. Nach einer Weile gehen wir wieder zum Campingplatz – auf ins Mückenparadies. Ich bin schon ziemlich angepisst. Dass die meisten Fotos vom gestrigen Abend nicht hundertprozentig scharf sind, frustriert mich zusätzlich. Da Alex ein sehr sensibler Hund ist, überträgt sich meine Stimmung auf ihn und er bellt jeden an, der an unserem Zelt vorbeiläuft. Also wieder auf zum Schwäbischen Meer.
An der Stelle von gestern gibt es leider keinen Schattenplatz für Alex, was mich etwas beunruhigt. Irgendwann entschließe ich mich ein Stück durchs Wasser zu waten, um zu schauen, ob wir ein besseres Plätzchen finden. Alex ist nicht begeistert und versucht stets im Trockenen zu bleiben. Er hat teilweise keine Wahl, da es stellenweise keinen begehbaren Uferbereich gibt und so stakst er mit misstrauischem Blick durch das glasklare Wasser. Der Aufwand lohnt sich und so beziehen wir unseren neuen Badeplatz mit Sonnenschutz für Alex. Etwa 20 Meter weiter hinter einer Hecke sind die nächsten Badegäste, deren Bewegungen mein Wachhund anfangs immer kommentiert. Mein Frust ist inzwischen riesig!
Alex bellt immer mehr und lauter, was mich wieder in alte, negative Gedankengänge wirft. „Alex und ich werden nie das Team, das ich mir wünsche“, ist einer davon. Denn all meine Bemühungen ihn zu beruhigen, nützen nix. Mir geht eine Frage durch den Kopf, die mir einmal gestellt wurde: „Würdest Du noch einmal einen Angsthund aufnehmen?“ Nach wie vor lautet meine Antwort nein. In diesem Moment ist das Nein sogar sowas von bestimmt, dass ich es am liebsten über den See schreien möchte.
Ich bin traurig und kann nur schwer die Tränen fernhalten. Wir haben zwar vieles erreicht, aber es ist auch so viel schiefgelaufen und wir sind nicht einmal annähernd da, wo ich gerne wäre. Natürlich möchte ich Alex nicht mehr hergeben und liebe ihn abgöttisch! Genauso hoffe ich, dass wir noch viele, viele, viele Jahre zusammen verbringen, aber ein bisschen besser dürfte es schon laufen. Habe ich versagt? „Ja, und zwar sowas von“, schreit es in mir.
Die Wolken ziehen vorbei
Ich suhle mich in Frust und Trauer. Den Blick stur vor mir auf die kleinen Wellen des Bodensees gerichtet. Ich mag jetzt nicht die Aussicht auf die Schweizer Gipfel genießen. Meine Stimmung und Gedanken finde ich aber selbst zum Kotzen: Irgendwann machen wir uns wieder auf den Rückweg zum Campingplatz. Das Auto ist immer noch viel zu heiß, sodass ich Alex keine fünf Minuten darin lassen kann. Für das Zelt gilt das gleiche. Also muss das Pippimachen warten. Am Restaurant des Campingplatzes gönne ich mir ein Schnitzel mit Pommes. Zwei Herren gesellen sich zu mir und bei einem Radler quatschen wir ein paar Stunden über Hunde, Bücher, Reisen und die Zukunft der Zeitungen.
Meine Laune hat sich inzwischen verbessert. Alex zeigt mir wieder, dass wir einiges erreicht haben: Er liegt brav unter meinem Stuhl und akzeptiert die Fremden an unserem Tisch, ohne zu murren. Sogar fast alle anderen Hunde dürfen uns passieren. Nur bei einem pöbelt er herum. „Was solls, er ist ein Hund und einer ist keiner“, denke ich mir.
Seit unserem Kurztrip an den Bodensee habe ich mich natürlich noch einmal gefragt, ob ich versagt habe. Die Antwort fällt nicht mehr so eindeutig aus: Sie trifft zwar auf manche Bereiche zu auf andere nicht. Aber dazu vielleicht ein anderes Mal mehr…
Obwohl ich besser gelaunt bin, habe ich beschlossen einen Tag früher abzureisen. Es hat so einfach keinen Sinn: Mein Handy konnte ich zwar abends endlich manuell ins deutsche Netz einwählen, aber die Mücken und die beiden Backöfen (Zelt und Auto) verderben uns den Kurztrip. (Ein paar Problemlöser für das nächste Mal sind mir schon eingefallen.)
Am nächsten Tag drehen wir erst noch eine kleine Hunderunde: Alex ist auch heute für seine Verhältnisse sehr tapfer in Sachen Fahrradfahrer. Denn davon schwirren hier einige herum. Die Region ist ein beliebtes Ziel für Wanderungen, sei es zu Fuß oder eben per Rad. Schließlich ist es mit den Weinbergen, Obstbäumen, kleinen Wäldchen und natürlich dem Bodensee landschaftlich eine schöne Ecke. Also begeben wir uns lieber wieder zu unserer Badebucht.
Happy End am Bodensee
Der Frust ist nun vollkommen verschwunden: Ich kann mich wieder an dem Wasser und den gegenüberliegenden Gipfeln erfreuen. Das ganz hinten könnte der schweizerische Säntis sein, auf dessen Gipfel ich bereits einmal stand. Am Bodensee lässt es sich richtig gut aushalten. Es weht durchgehend eine Brise, sodass einem nicht zu heiß wird. Im Schatten ist es sogar etwas frisch, wenn meine Badesachen nass sind.
Alex liegt friedlich auf den Steinen. Zwischendurch döst er auch weg, aber immer nur ganz kurz. Denn er ist durch und durch ein Wachhund. Sobald er etwas hört, muss er es prüfen. Wenn jemand vorbeikommt, protestiert er wieder lautstark. Allerdings nehme ich es heute gelassener. Wenn er sich in Rage bellt und ich ihn gar nicht beruhigen kann, nervt es zwar ein bisschen, aber es frustriert mich nicht. Schließlich hat es auch etwas Gutes, wie eine Passantin feststellt. „Zu Ihnen legt sich keiner!“
Auf dem Gelände findest Du auch einen kleinen Spielplatz, ein Restaurant und einen kleinen Supermarkt, indem Du neben den alltäglichen Dingen auch Campingzubehör und frische Brötchen bekommt. Kühlelemente und Gasflaschen können ausgetauscht werden.
Hunde sind Willkomen und wir haben auch einige getroffen. Selbstverständlich gehören sie auf dem Gelände an die Leine und die Hinterlassenschaften sind zu entfernen. Vor der Rezeption gibt es einen Hundekotbeutelspender. Hin und wieder haben wir eine Katze und einen freilaufenden Hund am Hauptgebäude getroffen, die zum Campingplatz gehören (denke ich). Aber keine Sorge, der Hund ist ganz gemütlich. Er schien sich zwar zwischenzeitlich etwas für Alex zu interessieren, aber er hat immer respektvoll Abstand gehalten.
Für die beiden Nächte haben wir insgesamt 26 Euro bezahlt (5 Euro für Alex, 3 Euro Kurtaxe und 18 Euro für mich bzw. das Zelt). Ich war zwar nur kurz da, aber mir hat der Campingplatz gut gefallen und ich fühlte mich wohl (für die Mücken kann ja keiner was! ;-)).
Fazit: Ich würde wieder hinfahren.
2 Comments
Liebe Anni,
danke für deinen tollen (und ermutigenden) Blog 🙂 Wir haben auch zwei Hunde, einer davon Angsthund, der andere kann dafür überhaupt nicht mit anderen Hunden. Bisher haben wir uns noch keine längeren Wanderungen zugetraut, irgendwo Essen gehen oder Gebiete mit vielen Menschen/Hunden sind manchmal eine Katastrophe und bringen mich teilweise zum Verzweifeln. Habe mich daher in deinem Text wiedergefunden 😉 Jetzt sind wir gerade ein bisschen am Planen, was wir unternehmen können – auch um die Bindung zu stärken. Wie machst du das denn wenn du zeltest, schläft Alex bei dir im Zelt? Und wenn ja, ist er da problemlos von Anfang an mit reingegangen oder hast du einen Tipp? 🙂
Liebe Grüße
Michelle
Liebe Michelle,
danke für Deinen Kommentar: Ich freue mich sehr, dass Dir mein Blog gefällt und er Euch ermutigt! 😊
Oh ich kenne das nur zu gut, wie anstrengend und verzweifelnd es sein kann. Gebiete mit vielen Menschen versuche ich auch zu meiden. Mit meinem letzten Hunden war ich auch in Städten unterwegs, mit Alex fällt das aber weg und unsere Reisen sowie Wanderungen bringen uns fast nur in ländliche Regionen. Also es gibt durchaus auch noch einige ruhige Ecken für Angsthasen! 😉
Beim Zelten schläft Alex bei mir mit im Zelt. Für unseren ersten Trip hatte ich eigentlich geplant, ihn mit ganz kleinen Schritten an das Zelt heranzuführen. Doch es kam anders. 😅 Ganz spontan hatte mich eine Bekannte gefragt, ob wir sie nach Schweden begleiten wollten und dann musste ich alles innerhalb einer Woche organisieren. Für Üben war da keine Zeit und als ich mein Zelt dann in Schweden aufbaute, hatte ich etwas Sorge, dass Alex vielleicht nicht rein geht. Die war zum Glück unberechtigt. Der Eingang meines Zeltes ist aber auch recht „groß“. Ich war draußen und habe ihm dann die Tür aufgehalten. Alex war erst zögerlich und ist dann abrupt ins Zelt gesprungen. Da es etwas windig war, hat ihn das Knistern und Wackeln der Wände etwas verunsichert, aber weil ein Zelt etwas von einer Höhle hat, fühlte er sich ziemlich schnell geborgen und der Einstieg klappte von mal zu mal besser. Durch die Reise hat er das Zelt lieben gelernt und hat keinerlei Probleme damit. 😊
Natürlich muss es nicht bei jedem Hund so problemlos klappen. Wenn Ihr die Möglichkeit habt (Garten oder so), würde ich vor Eurer Reise das Zelt ein paar Mal aufbauen und erstmal nix machen. Also Euren Hund dazu und ihn sich daran gewöhnen lassen. Wenn er es gut akzeptiert, in kleinen Schritten immer mal heranführen und mit Leckerli oder so jede Annäherung belohnen. Wenn er gar kein Problem damit hat, macht mal die Tür auf und führt ihn immer ein Stück näher, dann mal den Kopf herein, Pfote herein und so weiter, bis er ganz drin ist. Wie groß Eure Schritte sind bzw wie schnell Ihr vorgehen könnt, hängt natürlich von Eurem Hund ab. Manch einer kann sich halt nur in Minischritten an ein Zelt gewöhnen und andere springen gleich hinein und wieder andere brauchen einen Weg dazwischen. 🤷♀️ Aber mit Geduld und Ruhe klappt das bestimmt. Würde mich freuen, von Euren Erfahrungen zu lesen.
Ich wünsche Euch viel Erfolg und tolle Reisen sowie Wanderungen!
Liebe Grüße
Anni