Ich muss gestehen, meine Wandertouren plane ich oft gar nicht: Meist suche ich mir nur flüchtig eine Karte und fahr dann los. Doch genau diese Nachlässigkeit ist mir jetzt zum Verhängnis geworden – ok zugegeben, das klingt jetzt etwas überdramatisch. Besser aus einer (un)geplanten Wanderung wurde ein planloser Spaziergang mit vielen Pausen. Aber von Anfang an.
Wie die meisten Touren habe ich auch diese im Internet entdeckt. Teufelskanzel das klang gut. Auch die Bilder waren ansprechend. Also auf geht’s. Ins Navi habe ich Gschwend in Baden-Württemberg eingegeben, denn hier soll die Tour starten. Kurz vor Ortseinfahrt biege ich links ab auf einen Parkplatz am Badsee ab. Beim Aussteigen merke ich, dass es doch etwas wärmer ist, als ich gedacht habe. Egal schließlich will ich auch diese Route etwas abändern und hauptsächlich durch den Wald laufen.
Wir gehen vom Parkplatz wieder zur Landstraße zurück. Ein Blick auf die Karte in meinem Smartphone und ich sehe blöderweise, wir müssen an der Straße entlang. Aber es ist nur kurz, tröste ich uns. Mein Hund Alex ist schon jetzt nicht sehr begeistert. Der recht schmale Fuß- und Fahrradweg liegt in der prallen Sonne. Nur ab und zu mal ein Gebüsch oder Baum. Laut Karte muss gleich ein Weg in den Wald führen – doch Fehlanzeige. Alex hechelt wie blöd und dann müssen wir auch noch ständig seinen gefürchteten Fahrrädern Platz machen. Aber er schlägt sich wacker.
Nach gefühlten Stunden (in Wahrheit nur ein paar Minuten) drängt Alex sich nur noch in die Büsche und will eigentlich nicht weiter. „Na super“, denke ich. Wir sind eine halbe Stunde hierher gefahren, bis zur Teufelskanzel sind es bestimmt noch vier bis fünf Kilometer und der Hund macht jetzt schon schlapp. Kurz darauf schießt etwas Panik auf: Was ist, wenn er jetzt wegen meiner Blödheit einen Hitzschlag bekommt?
Immer wieder rasen Autos und Motorräder an uns vorbei. Der Krach verstärkt meine Sorge. Noch einmal greife ich zum Smartphone. Der eigentliche Weg hätte schon längst kommen müssen, wahrscheinlich war es das zugewachsene Ding von vorhin. Ein Stück weiter müsste wieder einer kommen. Also vorwärts. Alex will nicht. Mein schlechtes Gewissen und meine Angst wachsen. Aber ich behalte das für mich, schließlich will ich nicht von meinem Freund hören: „Ich hab doch gesagt, wir sollten später losfahren.“ Glücklicherweise taucht ein Parkplatzschild auf – ich ziehe Alex hinter mir her. „Gleich hast Du es geschafft und wir machen eine Pause.“ Leider lässt das seine Motivation nicht wachsen, aber er trottet mehr oder weniger hinterher.
Vorsicht Wespenalarm
Auf dem Wanderparkplatz nehmen wir Platz auf einen Baumstamm. Wasser auspacken. Pausieren nach nur 15 Minuten. Ich bin enttäuscht und ärgere mich über mich selbst. Bring meinen Hund in Gefahr, weil ich nicht mehr warten wollte. Ein paar Wespen schrecken mich hoch und beenden die Pause. Denn Alex schnappt nach allem, was vor seiner Nase herumfliegt – ich habe keine Lust Alex zurück zum Auto zu schleppen geschweige denn auf einen Tierarztbesuch. Also wieder weiter.
Glücklicherweise endlich im Wald und Schatten. Wir bewegen uns ganz langsam vorwärts. Alex wirkt wieder etwas motivierter. Jetzt folgen wir noch einmal der Route auf meinem Smartphone. Zwischendurch gibt es immer wieder sonnige Abschnitte im Wald, aber es ist ruhig und um einiges angenehmer als an der Straße. Doch irgendwann, nach einer weiteren Pause, kommen wir wieder auf die Straße zurück.
Bei meiner kurzen Routenplanung, wobei Planung das falsche Wort ist, dachte ich, wir können diesen Teil einfach weglassen und einen Schlenker durch den Wald laufen. Falsch gedacht. Zwar gibt es etwas, was mal ein Weg gewesen sein könnte, aber für eine kurze Hose ungeeignet. Außerdem kann ich nicht recht sehen, ob der vermeintliche Weg irgendwann stoppt oder ob man wirklich weiter kommt. Ich probiere ja gerne aus, aber die Strecke führt bergab und wenn es doof läuft dann wieder bergauf. Nee, dafür ist es zu warm. Der Weg an der Straße ist auch keine Option: zu laut und zu sonnig. Außerdem sind wir von der Strecke gekommen und so schön war sie nicht. Also aus der Traum von der Teufelskanzel.
Tierischer Weitsprung
Stattdessen gehen wir wieder zurück und versuchen uns auf einem Walderlebnispfad – doch auch diesen müssen wir nach kurzer Zeit abbrechen. Total matschig. Zum zweiten Mal geht es zurück. Erst einmal pausieren. Alex ist inzwischen wieder richtig gut drauf. Er hechelt zwar, aber er will sich wieder bewegen, wobei zu den Pausen sagt er auch nicht nein. Ich teste währenddessen, wie weit ich springen kann. Aus dem Stand schaffe ich es nicht weiter als ein Hase (zwei Meter) und mit Anlauf auch nur fast so weit wie ein Fuchs (drei Meter). Als Kind konnte ich das irgendwie besser. Na ja, war trotzdem witzig.
Wir schlendern weiter auf dem Schotterweg. Genießen die Natur, zwischendrin den Ausblick über den Wald und das Tal. Auf einem Schild steht auf einmal Märchenwald – da muss ich hin. Liegt ja auch auf dem Weg zum Auto. Ein Holztor dient als Eingang, das einen auf die magische Welt vorbereiten soll. In einem Rundweg treffen wir unter anderem auf den bösen Wolf von Rotkäppchen und das Hexenhaus aus Hänsel und Gretel. Auch für Alex ist es spannend zumindest die ganzen vielen Gerüche, die noch an den Bauten haften. Ich glaube, so nimmt er am liebsten andere Menschen und vor allem Kinder wahr – nur riechen ohne sie sehen oder hören zu müssen.
Der Märchenwald ist das Herzstück des Walderlebnispfads „Tännli“ und ist echt ganz süß gemacht. Auch wenn es wahrscheinlich eher für Kinder gedacht ist, kann ich mich an solchen Dingen stets erfreuen. Das Kind in mir ist (glücklicherweise) einfach nicht kleinzukriegen.
Nach dem kleinen Abstecher geht es noch einmal durch die pralle Sonne. Glücklicherweise ist es etwas abgekühlt und nicht mehr weit. Fast fünf Stunden waren wir unterwegs, wobei wir gerade mal etwas über fünf Kilometer gelaufen sind. Auch wenn man es nicht unbedingt als Wanderung bezeichnen kann, war es schön. Zur Teufelskanzel geht es dann eben ein paar Tage später.