Mein erstes Mal: Alleine wandern mit Hund

An unserem letzten Tag im Edertal wollten wir noch einmal einen Teil des Urwaldsteiges laufen. Dieses Mal allerdings auf der Seite des Nationalparks Kellerwald-Edersee. Doch bereits nach kurzer Zeit entscheidet sich meine Freundin umzukehren, weil ihr Hund schwächelt. Zuerst will ich mit zurück, weil ich Angst habe alleine weiter zu gehen. Doch sie bekräftigt mich und ich fasse Mut. Allerdings will ich dann nur eine kleine Runde laufen und entscheide mich spontan für den Goldgräberweg, der circa acht Kilometer lang ist.

Vorab muss ich sagen, dass ich schon oft für mehrere Stunden alleine mit Hund unterwegs war, aber das war immer auf einigermaßen bekannten Terrain. Also in unserer jetzigen und auch alten Heimat. Auch wenn ich neue Wege eingeschlagen habe, wusste ich immer in etwa, was mich erwartet oder wo ich wieder auf Zivilisation treffe, wo ich zur Not Hilfe hinschicken muss und es gab stets mehrere potentielle Helfer in der Nähe.

Hier in Hessen kenne ich mich nicht aus, bin unvorbereitet, weiß nicht, was mich erwartet und kenne niemanden außer meine Freundin mit der ich hier die Zeit verbringe. Das ich auf dem Weg niemanden treffen werde, ist das einzige, worin ich mir sicher bin, was mich zwar zum einen freut, aber zum anderen beängstigt. Aber nun zurück zum Goldgräberweg.

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Der Anfang ist mühsam, denn mein Hund Alex ist ein absolutes Rudeltier. Egal wer mit uns unterwegs ist, gehört nach nur kurzer Zeit zum Rudel und wenn wir uns wieder trennen, will Alex das oft nicht akzeptieren. So ist es auch dieses Mal. Er will mit den anderen zurück, fiept und geht nur sehr spärlich weiter. Ich will hingegen schnell vorwärts, was ich immer tue, wenn ich unsicher bin oder Angst habe. Schnell weg von der vermeintlichen Gefahr. Doch genau das macht es eigentlich nur noch schlimmer. Wegrennen hilft einem nicht. Man muss sich seiner Angst stellen, um sie überwinden zu können – das stelle ich immer wieder fest.

Buchen so weit das Auge reicht

Also versuche ich langsam weiterzugehen und rede mit Alex. Damit will ich einerseits ihn motivieren und andererseits mich beruhigen. Den Anfang der Strecke kenne ich von unserem ersten Tag. Zu unserer Linken geht es leicht schräg hinauf, zu unserer rechten schräg hinab. Überall sind Buchen, wofür der Nationalpark Kellerwald-Edersee bekannt ist. (Mehr über das UNESCO Weltnaturerbe erfahrt Ihr unter Umringt von Rotbuchen und Bergen)

Einige Blätter liegen bereits auf dem breiten Sandweg. Die Strecke bietet nicht gerade viel Abwechslung, aber ich kann mich auch einfach an den Bäumen und Sträuchern erfreuen. Nach etwa drei Kilometern treten wir aus dem Wald heraus. Auch an dieser Stelle waren wir bereits, doch das letzte Mal sind wir rechts entlang gegangen. Dieses Mal gehen mein Hund und ich nach links.

Alex läuft inzwischen wieder freudiger mit. Vergessen scheint der Wunsch das Rudel zusammenzuhalten oder er hat sich einfach seinem Schicksal ergeben, ich weiß es nicht so genau. Auf jeden Fall wirkt er in keinster Weise unzufrieden.goldgraeberweg-in-hessen-copyright-hund-im-gepaeck-7goldgraeberweg-in-hessen-copyright-hund-im-gepaeck-12goldgraeberweg-in-hessen-copyright-hund-im-gepaeck-2

Nach nur einigen Metern kommen wir an eine Gabelung. Es gibt zwei Möglichkeiten den Goldgräberweg zu wandern. Ich entscheide mich für den linken Weg, der leicht hinauf führt. Der Wald wird dichter und nun sind zwischendurch auch ein paar Tannen zu sehen. Ich werde wieder schneller, obwohl es leicht bergauf geht und ich die Anstrengung durchaus spüre. Meine Angst meldet sich zurück und treibt mich voran: Ich will aus der Situation heraus – also dränge ich vorwärts.

Alex schaltet hingegen wieder einen Gang zurück. Normalerweise stoppe ich ihn etwas, wenn er aufgrund seiner Angst wegrennen will. Jetzt ist es umgekehrt. Es scheint, als wolle er sagen: „Stelle Dich Deiner Angst, versuche Dich zu entspannen und die Strecke zu genießen.“ Und so schnüffelt er vermehrt an den Grashalmen. Ich versuche mich zu beruhigen und sage mir die Worte, die ich Alex zuschreibe, in Gedanken vor. Es klappt einigermaßen.

Mehr Wege als auf der Karte

Meine Augen schweifen umher, blicken durch die Buchen auf das Laub und wieder nach vorn. Es ist schön. Neben Vogelgezwitscher und einem leisen Geknister sind nur unsere Schritte auf dem sandigen mit Steinen vermischten Weg zu hören. Zwischendurch werfe ich immer wieder einen Blick auf die beiden Karten, die ich dabei habe. Mal wieder stelle ich fest, dass nicht immer alle Wege eingezeichnet sind, was wahrscheinlich auch nicht möglich ist. Hier und da taucht links oder rechts ein Weg auf und ich bin verunsichert. Ich habe mich nicht mit der Strecke befasst und schon gar nicht mit der Distanz. Langsam werde ich wieder unsicher. Keine Markierungen mehr, aber ich gehe einfach immer weiter geradeaus. Alex versucht wieder mich etwas auszubremsen und schnüffelt vermehrt. Rechts geht es etwas mehr bergab und dichtes Gestrüpp ist zu sehen.

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Dahinter höre ich auf einmal Äste knacken und Laub rascheln. Ich erschrecke mich. Ein großes Tier scheint dort entlang zu gehen und ich hoffe nur, dass es kein Wildschwein ist, das uns angreift. (Ich weiß, Wildschweine meiden eher den Menschen, aber irgendwie habe ich trotzdem vor den Tieren Angst, auch wenn ich sie eigentlich ganz süß finde und noch keines in freier Wildbahn getroffen habe.)

Meine Schritte werden wieder schneller. Von weitem sehe ich jetzt, wie ein Baum den Weg versperrt. Na super, auf umdrehen, habe ich gar keine Lust. Glücklicherweise können wir den Baum umlaufen. Also geht es ein Stück hinab und durch das Laub. Immer noch keine Markierungen und immer wieder ein paar Abzweigungen. Inzwischen werfe ich auch einen Blick auf Google Maps, was mir zusätzliche Wege zeigt. Langsam geht es etwas bergab, was mich hoffen lässt, dass wir es bald geschafft haben. Doch weit gefehlt.

Fast den Weg übersehen

Der Wald sieht auf diesem Teil aus wie aus einem Märchen. Die Bäume sind recht niedrig mit vielen breiteren Zweigen, etwas Moos ist zwischen den Stämmen auf dem Boden. Es sieht sehr urig aus. Schön und etwas unheimlich zugleich. Nach einigen Metern treten wir aus dem Wald hinaus. Felder sind zu sehen und ein Jägerhochsitz. „Ok dann haben wir es bald geschafft“, denke ich. Und da sehe ich auch endlich wieder eine Markierung. Sie führt wieder hinein in den Wald und es geht wieder bergauf ich bin etwas genervt. Alex scheint gelassen. An Schnüffeln scheint er gerade kein Interesse zu haben, dafür aber am Laufen.

Bei der nächsten Abzweigung weiß ich zunächst nicht, wo wir hin müssen. Von einem Zeichen fehlt jede Spur. Google Maps schickt mich geradeaus. Der Weg ist recht bewachsen. Also wird er scheinbar nicht sehr oft benutzt, aber egal. Die Sonne scheint. Links und rechts sind jetzt vermehrt Gräser und Gebüsche, weniger Bäume. Nach einigen Metern sieht es anders aus und wir stehen wieder mitten im Wald. Der Weg geradeaus ist jetzt komplett zu gewachsen und geht weiter hinauf. Das kann nicht richtig sein. Verdammt. Also zurück.

Irgendetwas lässt mich innehalten: Ich gucke etwas genauer hinunter nach rechts. Das könnte eventuell doch ein Weg sein. Ich versuche es und siehe da, nach einigen Schritten entdecke ich das Zeichen vom Goldgräberweg. Fast wäre ich daran vorbeigelaufen und einen Umweg gewandert. Der Minipfad ist steil und rutschig. Zwar ist es trocken, aber der Sand und die kleinen Steine sind nicht fest und so rollt immer eine kleine Schicht hinunter.

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Alex bleibt glücklicherweise hinter mir. Langsam bewegen wir uns Schritt für Schritt vorwärts. Nicht ohne zwischendurch wegzurutschen. „Wenn mir hier etwas passiert, findet mich doch kein Schwein“, denke ich. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir wieder auf einen breiteren, ebenen Weg. Der Wald lichtet sich etwas. Doch das ist nur von kurzer Dauer: Denn kurz darauf geht es wieder auf einen schmalen, mit Gras und Sträuchern bewachsenen Weg. Nach ein paar Metern geht es zu unserer Rechten steil bergab. Aber ich versuche das zu ignorieren und konzentriere mich stumpf auf den dunkelbraunen Boden vor mir.

Zwischendurch kommt mir meine Paddeligkeit in den Sinn. Es kommt regelmäßig vor, dass ich einfach umknicke oder über meine eigenen Füße stolpere. Das darf mir hier nicht passieren. Zwar sind auch rechts neben mir Bäume, aber ich bezweifle, dass ich mich bei einem Sturz festhalten kann und sie mir wahrscheinlich nur mehr körperlichen Schaden zu fügen. Einfach nicht hinunter schauen und weiter. Alles wird gut.

Nicht zum letzten Mal allein

Alex merkt zwar meine Anspannung, aber er folgt mir brav. Es geht immer weiter bergab. Wir kämpfen uns zwischendurch durch ein paar Äste, die über den Pfad hängen. Von der Umgebung nehme ich kaum noch etwas wahr, weil ich so darauf konzentriert bin, vorwärtszukommen und nicht zu stolpern.

Als ich kurz stoppe, um zu verschnaufen, bemerke ich, dass der vermeintliche Abgrund gar nicht mehr so schlimm ist. Der Hang wird flacher. Ich höre Stimmen. Kurz darauf treten Alex und ich aus dem Kellerwald auf den Wanderparkplatz. Geschafft! Erleichterung macht sich mal wieder breit, aber auch etwas Enttäuschung darüber, dass ich es zu wenig genossen habe. Es wird auf jeden Fall nicht meine letzte Wanderung allein mit Hund sein. Doch das nächste Mal bereite ich mich doch lieber etwas besser vor.

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Tipps

  • Auf der Strecke gibt es nur am Anfang eine Trinkmöglichkeit für Hunde, deshalb sollte etwas Wasser dabei sein, auch wenn die Tour nicht sehr lang ist.
  • Am Anfang ist der Weg zwar sehr breit und gut zu laufen, aber das Ende hat es schon in sich. Dort ist auf jeden Fall festes Schuhwerk samt guten Profil und Trittsicherheit gefragt.

Alle Informationen habe ich unter Wandertour: Goldgräberweg in Hessen zusammengefasst.

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